Rückenschmerzen können sich durch Stress verstärken

Fast jeder Mensch kennt sie: Rückenschmerzen, die sich meist im unteren Teil der Rückenpartie breitmachen und von dort bisweilen in andere Bereiche des Körpers ausstrahlen. Kreuzschmerzen entstehen durch Verrenkungen, falsches Heben, durch eine geschädigte Bandscheibe oder verspannte Muskeln. Bei manchen Personen tauchen die Rückenprobleme mit dem Älterwerden auf, vor allem wenn sie zu wenig Zeit für Bewegung hatten und stattdessen unter großem Stress litten. Rückenbeschwerden können auch ganz plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen. Die meisten Rückenschmerzen sind allerdings harmlos und verschwinden von alleine wieder. Nach sechs Wochen sind 90 Prozent der Patienten wieder beschwerdefrei. Auf ernsthafte Ursachen deuten Taubheitsgefühle oder Lähmungserscheinungen hin. Auch Entzündungen, Knochenbrüche, Nervenschäden oder Tumore können extrem starke Kreuzschmerzen auslösen. In solchen Fällen kann nur noch der Hausarzt oder ein Orthopäde helfen.

Die bildgebende Diagnostik sollte nur in Notfällen eingesetzt werden

Die meisten Betroffenen leiden unter sogenannten nichtspezifischen Rückenschmerzen. Obwohl das Kreuz weh tut, lässt sich die Ursache nicht eindeutig körperlichen Veränderungen zuordnen. Professor Marcus Schiltenwolf, Leiter des Fachbereichs Schmerztherapie an der Orthopädischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg, erläutert: „Von unsinnigen Maßnahmen wie Spritzen oder sofortigem Röntgen rate ich dringend ab. Weniger ist mehr.“ Was man auf den Röntgenbildern sieht, erklärt seiner Meinung nach nicht die Ursache der Schmerzen. Sie zeigen nur, dass am Rücken etwas verändert ist. Das kann Teil der Probleme sein, muss es aber nicht.

Die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz rät, in den ersten sechs Wochen keine bildgebende Diagnostik wie Röntgen, Magnetresonanz- (MRT) oder Computertomografie einzusetzen. Sie sollten nur bei eindeutigen Warnsignalen zum Einsatz kommen. Marcus Schiltenwolf erklärt: „Viele Bilder liefern lediglich Zufallsbefunde, die den Patienten mehr verunsichern als beruhigen. Schlimmstenfalls fördern sie die Angst.“ Außerdem würde das Gesundheitssystem entlastet, wenn die bildgebende Diagnostik nicht mehr so oft eingesetzt werden würde.

MassageDie Patienten müssen eigenverantwortlich und aktiv an ihrer Genesung mitarbeiten

Bei der Therapie des Volksleidens Rückenschmerzen geht es vor allem darum, dass die Patienten eigenverantwortlich und aktiv an ihrer Genesung mitarbeiten. Marcus Schiltenwolf fasst zusammen: „Nicht auf Bewegung verzichten und den Körper wieder gut benutzen. Angst abbauen. Und verstehen, welche Rolle Stress und nicht erfüllte Bedürfnisse im Leben spielen.“ Ein Rückenleiden vermiest einem Betroffenen auch nicht selten die Stimmung. Und auch umgekehrt gilt: Melancholie, Sorgen, Probleme oder Stress können Rückenbeschwerden verschlimmern oder sogar auslösen.

Professor Ulrich T. Egle, der die psychosomatische Klinik Kinzigtal in Gengenbach leitet, fügt hinzu: „Für das Gehirn ist Schmerz eine spezielle Form von Stress. Das heißt: Die Schmerzverarbeitung im Gehirn läuft über das Stressverarbeitungssystem. Schmerz ist ein biologischer Stressor.“ Belastend wird eine Situation, wenn sich Menschen überfordert und sich ihr ausgeliefert fühlen. Ulrich T. Egle berichtet aus der Erfahrung mit seinen Patienten: „Häufig ist es innerer Stress, also der Druck, den man sich selbst macht, unter dem viele Menschen mit Rückenschmerzen leiden.“ Quelle: Apotheken Umschau

Von Hans Klumbies