Roger de Weck beschreibt die Kraft der Demokratie

Überall auf der Welt bedrängt der Autoritarismus demokratische Gesellschaften. Doch warum bleiben Liberale und Linke so defensiv? Die Schwäche der Demokraten ist viel gefährlicher als die Lautstärke der Reaktionäre, warnt Roger de Weck in seinem neuen Buch „Die Kraft der Demokratie“. Er beschreibt Methoden und Schwachstellen der Rechten. Der Autor ist fest davon überzeugt, dass man sie sehr wohl stoppen kann in ihrem Kulturkampf wider die Liberalität. Im letzten Kapitel seines Buchs macht der dazu zwölf ganz konkrete Vorschläge. Die liberale Demokratie wurde zum dem Zweck geschaffen, für die Stärke des Rechts zu sorgen, wider das Recht des Stärkeren. Doch mittlerweile sehnen sich viele Menschen wieder nach dem „starken Mann“. Sie huldigen ihm, solange er anmaßend und aggressiv auftritt. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

Illiberale Demokratien sind halbe oder ganze Diktaturen

Freiheit ist der Sinn und Zweck des pragmatischen Ideals, das man Demokratie nennt. Eine unfreie Demokratie gibt es nicht. Illiberale Demokratien wie in Ungarn sind undemokratisch, also halbe oder ganze Diktaturen. Auch die älteste Demokratie der Welt, die USA, hat mit Donald Trump einen Präsidenten, der illiberal und undemokratisch handelt. Er beschädigt sie. Aber nur weil sie bereits beschädigt war, hatte einer wie Donald Trump überhaupt eine Chance, gewählt zu werden.

Unablässig arbeiten antiliberale Politiker daran, die Institutionen der liberalen Demokratie schlechtzumachen. In ihrer Propaganda bilden das Parlament, die Justiz und die Medien das Reich des Bösen, des Elitären. Die liberale Demokratie ist unter anderem dazu da, Allmacht zu verhindern. Sie verteilt nicht nur die Staatsmacht auf die gesetzgebende, die vollziehende und die rechtssprechende Gewalt. Sie ermöglicht es zudem der Opposition, den Interessengruppen un den Nichtregierungsorganisationen, den internationalen Organisationen und den Medien, sich Gehör zu verschaffen und Einfluss zu nehmen.

Roger de Weck hofft auf eine mündige Bürgergesellschaft

Im ersten Teil seines Buchs „Die Kraft der Demokratie“ erörtert Roger de Weck die Gründe für den gleichzeitigen Aufmarsch des Ultrakapitalismus und der Neuen Rechten. Im zweiten Abschnitt schildert der Autor Grundmuster, Methoden und Vorgehen der Reaktionäre in ihrem Kulturkampf. Der dritte Teil verdeutlicht die Kraft der Demokratie, der vierte umreißt die Arbeit an ihrer Modernisierung. Die große Aufgabe der Bürgergesellschaft liegt darin, die Demokratie zukunfts- und aktionsfähig zu machen.

Um reaktionäre Angriffe auf die liberale Demokratie zu parieren, ist es ratsam, ganz im Sinne der Aufklärung, auf die Mündigkeit der Bürger zu vertrauen. Denn einflusslose Menschen verwandeln sich zum Verbraucher von Politik, wenn nicht zum Untertanen. Das ist dann genau das, was Reaktionäre sich herbeiwünschen. Gegen Ende seines Buchs lobt Roger de Weck noch einmal die einzigartigen Qualitäten der Demokratie: „Sie ist die einzige Staatsform, die den Untugenden des Menschen Rechnung trägt, aber gleichzeitig auch auf seine wunderbare Lernfähigkeit und Bereitschaft zum Weiterdenken baut.“

Die Kraft der Demokratie
Eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre
Roger de Weck
Verlag: Suhrkamp
Gebundene Ausgabe: 327 Seiten, Auflage: 2020
ISBN: 978-3-518-42931-0, 24,00 Euro

Von Hans Klumbies