Das Archaische prägt auch das 21. Jahrhundert. Zum Beispiel, wenn Donald Trump den tribalen Siegerkult betreibt. Wenn er den Stammesschrei: „Build that Wall!“ ausstößt. Baut diese Mexiko-Mauer, um das amerikanische Territorium zu markieren. Roger de Weck warnt: „Rupert Murdoch und seine Propaganda-Meute bei Fox News befallen die liberale Demokratie von Westen her, während aus Osten russische Internettrolle ausreiten.“ Wladimir Putin müht sich, mit grimmigen Antlitz den Zaren zu mimen, dem die Macht ein patrimoniales Eigentum ist. Auch vor der sakralen Unfehlbarkeit des Sultans Recep Tayyip Erdogan hat die Demokratie das Knie zu beugen. Manchmal ist es auch nur Verstaubtes, das aufscheint. An den beiden Enden der k.-u.-k.-Achse Wien – Budapest neigt man zum Monarchischen. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.
Viktor Orbáns Wille zur Macht kennte keine Grenzen
Die größte Postille der westlichen Reichshälfte nennt sich „Kronen Zeitung“. Lange umschmeichelte diese Kurtisane die ganz und gar nicht Freiheitliche Partei Österreichs, von der sie in Ibiza aber dreist betrogen wurde. So wechselte die blessierte Hofdame schnurstracks zu dem plötzlich innig geliebten jungen Landesherrn Sebastian der Wendige. In der ungarischen Reichshälfte wiederum kennt der Wille zur Macht des Potentaten Viktor der Grobe keine Grenzen. Viktor Orbán nennt sein Gottesgnadentum „christliche Demokratie“.
Der ungarische Staatschef unterzeichnete die neue Verfassung an einem Ostermontag, die „Osterverfassung“. Ein nationales „Glaubensbekenntnis“ leitet nun diese Verfassung ein. Sie schwächt das Verfassungsgericht und sorgt für regierungstreue Richter. Das Wahlrecht privilegiert Orbáns Fidesz-Partei. Die Medien, die Universitäten, die Forschung, die Museen und Theater sind unter Kontrolle. Die unbequemen Geisteswissenschaften ernten nur Hohn. Seit je misstraut das „christliche Abendland“ dem subversiven Gedanken der Freiheit, den die Epoche der Aufklärung in die Welt und in viele Köpfe pflanzte.
Viktor Orbán demoliert den Rechtsstaat
Die Freiheit des Individuums, der Bürger, der Wissenschaft, der Kunst und Kultur, des Worts, der Meinung und der Presse ist „nicht zentral“ wie Orbán in seiner Grundsatzrede vom 26. Juli 2014 festhielt. Roger de Weck warnt: „Der Ungar demontiert die Demokratie, er demoliert den Rechtsstaat.“ Trotzdem sind konservative Politiker in Deutschland und Österreich, Spanien oder Frankreich „nicht bereit, Orbán als Demokraten infrage zu stellen“, so CSU-Veteran Horst Seehofer.
Das ist für Roger de Weck nichts Neues. In der Geschichte fiel es den Demokraten häufig schwer, sich von Antidemokraten abzugrenzen. Konservative und Liberale haben sich in stürmischen Zeiten leichthin der „Ruhe und Ordnung“ von Diktatoren ergeben. Am schlimmsten war dies, als sie mit dem Ermächtigungsgesetz Adolf Hitler freie Hand gaben. Oder sie schufen selbst eine Diktatur wie 1933 der österreichische Christlichsoziale Engelbert Dollfuß. Quelle: „Die Kraft der Demokratie“ von Roger de Weck
Von Hans Klumbies