Viele Menschen lehnen die Freiheit als Zumutung ab

Das Wünschenswerte im Leben kommt zugleich mit etwas Unerwünschtem daher, die helle Seite ist ohne die dunkle nicht zu haben. So ist es auch mit der Freiheit. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Der Stolz auf sie ist nicht zu entbinden von der Angst vor ihr. Denn die Freiheit, entscheiden zu können, beinhaltet auch den Zwang, entscheiden zu müssen. Und damit steigt das Risiko für den Einzelnen, falsch zu entscheiden, von dem selbst gewählten Weg überfordert zu sein, gar zu scheitern.“ Und da die meisten Menschen dazu neigen, das Risiko zu überschätzen und die Chancen zu unterschätzen, ist die Neigung groß, Freiheit als Zumutung abzulehnen. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

Isaiah Berlin unterscheidet eine positive und eine negative Freiheit

Mit Blick auf eine unsichere Zukunft suchen viele Bürger Fürsorge, soziale Sicherheit und unterwerfen sich Trost spendenden Institutionen. Kirche und Politik greifen diese Angst vor der Freiheit gerne auf, ja sie leben geradezu von ihr. Vor allem die Politik präsentiert hier eine vermeintliche Lösung: Selbstverantwortung sei in weiten Teilen ein Missverständnis. Man müsse nämlich unterscheiden zwischen einer „positiven“ Freiheit (zu etwas) und einer „negativen“ Freiheit (von etwas).

Diese Unterscheidung stammt von dem Philosophen Isaiah Berlin. Die für ihn „heilige“ Freiheit ist im Kern zunächst immer das Fehlen von Zwang – also die Freiheit von etwas. Das heißt: Jemand kann tun und lassen, was er will. Freiheit als Abwesenheit von Zwang ist also nicht weiter inhaltlich bestimmt. Es ist ein formaler Wert. Er liefert keine Handlungsanweisung, wie der einzelne sein Glück finden kann, keine moralische Vorschrift und keine Tugendlehre. Er bleibt ethisch neutral, in respektvoller Distanz zur je verschiedenen Lebensführung der Menschen.

Ein geglücktes Leben hängt vom Charakter und der Mentalität ab

Reinhard K. Sprenger erläutert: „Das beinhaltet auch das Recht, sein Leben so zu gestalten, dass jemand unglücklich wird, ungesund lebt, gar sich selbst zerstört, weil die Menschen verschieden sind und ein geglücktes Leben von Temperament, Charakter und Mentalität abhängt.“ Eine so verstandene Freiheit zielt auf die Möglichkeit des Andersmachens, ob die Menschen sie nun nutzen oder nicht. Damit umschreibt sie den Rahmen der Möglichkeiten, ein eigenes, selbstbestimmtes Leben nicht nur zu leben, sondern auch zu führen.

Das tägliche Handeln der Menschen im Alltag wird bei der „positiven“ Freiheit an einer moralischen Instanz ausgerichtet, die Gemeinwohl heißen kann, Nation, Gesundheit, Zukunft oder schlicht öffentliches Interesse. Der Staat hat dann ein Ziel, strebt einen vordefinierten Zustand an und orientiert sich sehr stark ausgreifend am neutestamentarischen „Was immer ihr wollt, dass euch die Leute tun, das tut auch ihnen“. Womit man sich kurzerhand selbst zum Maßstab für andere gemacht hätte. Quelle: „Die Entscheidung liegt bei dir!“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies

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