Niemand will etwas mit Konflikten zu tun haben

Jeder hat Konflikte. Niemand will sie. Deshalb wollen die meisten Menschen sie möglichst großräumig umfahren. Und wenn das nicht geht, hinter sich bringen oder gar lösen. Das ist mehr als verständlich, aber ziemlich unwahrscheinlich, wie Reinhard K. Sprenger meint: „Gesamtgesellschaftlich hält sich das Vorurteil, dass nur das harmonische Einverständnis der Menschen Zusammenhalt bietet. Konflikt gilt als das Gegenteil von Harmonie und Zusammenhalt, als die Negation des Miteinanders.“ Man will ihm aus dem Weg gehen oder ihn aus dem Weg schaffen. Das verkennt die magische Doppelwertigkeit des Konflikts. Natürlich sind Konflikte lästig. Im Grunde will niemand etwas mit Konflikten zu tun haben. Im Extremfall zerstören sie sogar Freundschaften oder Ehen. Reinhard K. Sprenger zählt zu den profiliertesten Managementberatern und wichtigsten Vordenkern der Wirtschaft in Deutschland.

Konflikte entwickeln eine Zauberwirkung

Konflikte zermürben Unternehmen und spalten Nationen. Aber ist ein Leben ohne Konflikte wirklich wünschenswert? Wer sich selbst beobachtet, wird feststellen, dass er von Konflikten ebenso abgestoßen wie angezogen wird. Man spricht beispielsweise von „dunklen Wolken“, die aufziehen. Aber auch vom „reinigenden Gewitter“, das alles blitzsauber wischt. Manchmal ist der Konflikt ja nicht nur die Lösung, sondern geradezu eine Erlösung. Und auch das kennt jeder. Wer keine Konflikte hat, ist langweilig.

Interessante Geschichten in der Literatur wie im wahren Leben basieren immer auf Konflikten. Spannungsverhältnisse sind nicht nur belastend, sondern machen das Leben auch spannend. Reinhard K. Sprenger kennt seine Zauberwirkung: „Lassen Sie den zerstreuten Zeitgenossen seinen Weg suchen, und er wird unfehlbar wie eine Kompassnadel von einem Konflikt angezogen.“ Manche lassen sich von Konflikten geradezu „verhexen“. Oft glaubt man die Menschen kaum wiederzuerkennen, wenn man sie in Konflikten erlebt.

Von den meisten Konflikten ist man selbst nicht direkt betroffen

Konflikte sind vor allem dann magisch anziehend, wenn andere davon betroffen sind. Es gibt nicht wenige Menschen, die zwar behaupten, selbst keine Konflikte zu haben, jedoch von zahlreichen Konflikten in ihrem Umfeld berichten. Das mag eine Ausblendung der Realität sein. Richtig daran ist: Von den meisten Konflikten ist man selbst nicht direkt betroffen. Viele werden medial vermittelt. Dadurch bekommt man die Konflikte mundgerecht serviert, immer mit dem nötigen Sicherheitsabstand.

Die meiste Zeit also beobachten Menschen Konflikte. Sie schauen zu, wie andere Menschen andere Menschen beobachten, sie beurteilen und entsprechend handeln. Die Zeitungen und die Fernsehnachrichten leben davon. Ein kurzer Krieg macht bekanntlich bessere Schlagzeilen als ein langer Frieden. Und nichts begeistert den Fernsehzuschauer mehr als eine Revolution in einem fernen Land. Ohne Konflikte wären laut Reinhard K. Sprenger ganze gesellschaftliche Subsysteme gegenstandslos. Das Rechtssystem zum Beispiel, oder die Wehrtechnik. Quelle: „Magie des Konflikts“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies