Das Philosophie Magazin analysiert das sensible Selbst

Das neue Philosophie Magazin 06/2019 hat eine Metamorphose durchlaufen. Die drei großen neuen Rubriken heißen Arena – Leben – Klassiker. Die Rubrik Arena ist ab jetzt der Raum für Streit und Diskurs. Thea Dorn, eine der führenden Intellektuellen Deutschlands, wird fortan ihre Kolumne „Dorn denkt“ für die Arena schreiben. Zeit für existenzielle Fragen nimmt sich das Philosophie Magazin in der Rubrik Leben. In seiner Kolumne „Unter uns“ legt der Philosoph Wolfram Eilenberger den wahren Kern wohlvertrauter Phänomene frei. In der Rubrik Klassiker werden die Iden großer Denkerinnen und Denker vorgestellt. Unter anderem erklärt die Philosophin Kerstin Decker in ihrem Essay, was es mit dem sokratischen Eros auf sich hat. Am wichtigsten aber war und bleibt das Titelthema, dem das Philosophie Magazin in ganzes Dossier widmet. In dieser Ausgabe geht es um das sensible Selbst und um die Frage, ob die Menschen zu empfindlich geworden sind.

Rassistische und faschistische Reden müssen unterbunden werden

Die Sensibilisierung der Gesellschaft ist ein Zeichen von Fortschritt. Die Unantastbarkeit der Würde ist ihr Verdienst. Dazu stellt und beantwortet das Philosophie Magazin folgende Fragen: „Doch wie weit reicht das Recht, vor Verletzungen geschützt zu werden? Was können und müssen wir uns in einer liberalen Demokratie wechselseitig zumuten – und was nicht?“ Auf die Frage, ob die Gesellschaft mehr „Safe Spaces“ braucht, antwortet der Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Wolfgang Ulrich: „Nein, sie gefährden eine demokratische Gesellschaft.“

Judith Butler, eine der wirkmächtigsten Philosophinnen der Gegenwart, spricht im Interview mit dem Philosophie Magazin über linke wie rechte Empfindlichkeiten und kritisiert den „Absolutismus“ der Redefreiheit. Judith Butler vertritt die Meinung, dass Sprache Diskriminierung und Gewalt verstärken kann. Jeder gebildete Bürger muss zu zeigen imstande sein, wo und wie sie das tut und unter welchen Umständen es notwendig ist, rassistische und faschistische Rede zu unterbinden. Judith Butler weiß: „Das ist schwierig, den wir müssen mit den Konservativen im Dialog bleiben, aber auch eine klare Grenze zum Faschismus ziehen, um zu verhindern, dass er durch den Dialog legitimiert wird.“

Der Ausnahmezustand ist zur Struktur des Regierens geworden

In der Rubrik Klassiker geht es diesmal um Sokrates und den Eros. Alle Sehnsucht richtet sich zunächst auf die Vervollkommnung. Die Sehnsucht nach einem schönen Körper ist dabei allerdings nur der Anfang. Der Eros will Zukunft und Heimkehr zugleich und dabei doch immer bei sich selber bleiben. Er gibt sich, indem er sich entzieht. Hier handelt es sich also um ein eigentlich unerfüllbares Maximalprogramm von Selbstfindung und Weltfindung zugleich, unvernünftig, unbürgerlich wie alle Sehnsucht.

In der Rubrik Arena stellt der italienische Philosoph Giorgio Agamben die These auf, dass der Ausnahmezustand zur Struktur des Regierens geworden ist. Denn im Namen der Terrorbekämpfung und des Überwachungsstaats kehrt der Ausnahmezustand wieder und führt zur Entrechtlichung auf Dauer. Aus Gründen der Sicherheit entsteht eine Form der Herrschaft, die sich unsichtbar und unbemerkt ausbreitet, wobei Freiheitsrechte außer Kraft gesetzt werden. Und das Philosophie Magazin will sich sogar noch mehr verändern und ab 2020 tägliche Denkimpulse im Netz liefern. Die Internet-Adresse lautet: startnext.com/philomag

Von Hans Klumbies