Neue Visionen braucht das Land

Das neue Philosophie Magazin 03/2023 stellt in seinem Titelthema die Frage: „Welche Vision kann uns retten?“ Die vier möglichen, teilweise utopischen Antworten lauten: Postwachstum, Longtermism, Freie Planwirtschaft und Metaverse. Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt in ihrem Editorial: „Gewiss Visionen wohnen Gefahren inne; wenn sie zur Ideologie gerinnen, können sie tödlich sein. Doch wenn sie die Verbindung zum Leben nicht verraten, sondern aus ihr erwachsen, bergen sie größtes Potenzial.“ Um den Problemen, die nicht nur die Menschheit, sondern den Planeten Erde als solchen bedrohen, angemessen zu begegnen, ist ein einfaches „weiter so!“ keine Option. Umso dringender benötigen die Menschen positive Zukunftsentwürfe, die ihrem Handeln ein Ziel geben und sie motivieren, im Hier und Jetzt den richtigen Weg einzuschlagen. Kurz: Sie brauchen neue Visionen.

Im „Metaverse“ sollen Menschen als Avatare leben

Unter dem Begriff „Postwachstum“ wird eine Welt vorgestellt, wie sie in 80 Jahren aussehen könnte. Nach dem großen Zusammenbruch ist die Zeit des Wachstums vorbei, die Globalisierung an ein Ende gekommen. Auch Lohnarbeit gibt es nicht mehr. Stattdessen herrscht Subsistenzwirtschaft. Vertreter des „Longtermism“ argumentieren für eine drastische Erweiterung des moralischen Horizonts der Menschen: „Nicht nur unsere Kinder und Enkelkinder, sondern auch Menschen, die vielleicht erst in mehreren Millionen Jahren leben, sollten in unseren heutigen Entscheidungen Beachtung finden.

Die „Freie Planwirtschaft“ ist eine innerhalb ökologischer Grenzen operierende, demokratische Wirtschaftsordnung, die auf die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Menschen und anderer Lebewesen ausgerichtet ist. Freiheit, Sicherheit und Luxus werden neu gedacht, individuelle mit allgemeinen Interessen in Aushandlungsprozessen vermittelt. Derzeit arbeiten praktisch alle großen Technikunternehmen an einer Vision der Zukunft des Internets, die sie das „Metaverse“ nennen. Eine digitale Welt, in der Menschen als Avatare arbeiten, spielen und leben sollen.

Ästhetische Urteile sind immer subjektiv

Den Philosophen Christoph Menke erläutert in einem Gespräch mit dem Philosophie Magazin unter anderem die Kraft, die von einer ästhetischen Erfahrung ausgeht. Dabei stellt er zudem die These auf, dass der Mensch frei und doch nicht frei ist: „Unsere Gewohnheiten halten uns gefangen in Mustern, Bequemlichkeiten und Strukturen, die es zu überwinden gilt.“ Dabei bezieht sich sein Begriff der „Befreiung“ nicht nur auf Personen, sondern vor allem auf Vollzüge, Handlungen und Lebensweisen.

Die Rubrik „Klassiker“ ist diesmal Immanuel Kant und dem Geschmack gewidmet. Der Philosoph aus Königsberg vertrat die Auffassung, dass ästhetische Urteile der Menschen subjektiv sind und sie daher keine rationalen Gründe für sie angeben können. Den Einstieg in das Gebiet des Subjektiven bahnte sich Immanuel Kant mit zwei neuen Begriffen: Einbildungskraft und Urteilskraft. Die Urteilskraft in ihrer besonderen Ausprägung als Geschmack am Schönen kann dabei den Blick auf den gemeinsamen Grund der Gefühle des Menschen öffnen.

Von Hans Klumbies