Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 01/2019 lautet: „Verzeihen. Gibt es einen Neuanfang?“ Wo Menschen handeln entsteht manchmal Schuld. Und in einzelnen Fällen wiegt sie so schwer, dass kein Heil mehr möglich scheint. Hier kommt das Verzeihen ins Spiel, als Weg das Gewesene zu verwandeln und neu zu beginnen: Darin waren sich Denker wie Friedrich Nietzsche, Hannah Arendt und Paul Ricœur einig. Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt in ihrem Beitrag, dass es Verletzungen gibt, die ein Dasein ganz und gar bestimmen können. Schmerzhafte Erfahrungen fesseln das Selbst – und nicht selten auch ganze Nationen. Sie halten Menschen gefangen in einer Fixierung auf Taten, die das Leben tief erschüttern, vielleicht gar zerstören. Der französisch-jüdische Philosoph Emmanuel Lévinas schrieb: „Wer verzeiht, ist fähig, das Band mit der Vergangenheit neu zu knüpfen.“
Peter Singers Denken erschüttert die herkömmlichen Vorstellungen von Moral
Der Umgang mit schwerer Schuld gehört für den Philosophen Fabian Bernhardt zu den größten Herausforderungen der menschlichen Existenz. Nur der Mensch hat die Fähigkeit zu verzeihen und den Mut zur aufrichtigen Auseinandersetzung mit den Folgen der eigenen Fehlbarkeit. Verzeihen, das meint: Verzicht auf Vergeltung. Der Verzeihende fordert nicht, was ihm eigentlich zusteht. Zum Selbstverständnis moderner Gesellschaften gehört, die Rache überwunden und durch die Herrschaft des Rechts ersetzt zu haben. Die Verwaltung der Schuld obliegt dem Staat.
In der Rubrik „Das Gespräch“ kommt diesmal Peter Singer zu Wort, einer der umstrittensten Philosophen der Gegenwart. Die rationale Strenge seines Denkens erschüttert herkömmliche Vorstellungen von Moral. Peter Singer ist fest davon überzeugt, dass nur kühle Abwägung zu einem wahrhaft ethischen Handeln führt. Der australische Philosoph ist durch und durch Utilitarist. Ihn interessiert, wie man den Nutzen oder das Glück der größtmöglichen Zahl von Individuen maximieren kann und schaut dabei einzig und allein auf die Konsequenzen einer Handlung.
Yuval Noah Harari prophezeit der Menschheit eine düstere Zukunft
Auf den Thron des Klassikers hat das Philosophe Magazin diesmal Friedrich Schiller gehoben, einer der radikalsten Verfechter der Vernunft und Freiheit seiner Zeit. In der 1801 erschienen Abhandlung „Über das Erhabene“ predigt er das Ideal der geistigen Unabhängigkeit mit besonders eindrücklicher Wucht: Demnach führt das Erhabene dem Menschen seine Autonomie als vernunftbegabtes Wesen zu Bewusstsein – und zwar genau dann, wenn er sich durch Naturgewalten, Schicksalsschläge und historische Situationen des Umbruchs bedroht sieht.
Yuval Noah Harari, einer der einflussreichsten Denker der Gegenwart, der mit seinen Bestsellern immer auf der Höhe des Zeitgeistes ist, prophezeit im neuen Philosophie Magazin 01/2019 der Menschheit eine düstere Zukunft: „Ich glaube, dass der Mensch imstande ist, auch die gegenwärtigen Herausforderungen zu meistern und die neuen Probleme zu bewältigen. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach werden die Lösungen zu noch schlimmeren Problemen führen, die wir uns noch gar nicht vorstellen können.“
Von Hans Klumbies