Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erreichte neben den Kriegen auch die zerstörerische Kraft des Papiergeldes eine bis dahin in der Menschheitsgeschichte nicht gekannte Stärke. Thomas Mayer weiß: „Phillip Cagan analysierte in seinem 1956 erschienenen Beitrag zu einem von Milton Friedman herausgegebenen Buch zur Quantitätstheorie des Geldes fünf Episoden zur Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg und zwei nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Dabei definierte er als Hyperinflation die Zeit, zu der im ersten Monat der Anstieg der Preise gegenüber dem Vormonat mindestes 50 Prozent – die Jahresrate also knapp 13.000 Prozent – betrug, bis zu dem Monat nach dem Anstieg wieder unter diese Marke gefallen und mindestens für ein Jahr darunter geblieben war. Thomas Mayer ist promovierter Ökonom und ausgewiesener Finanzexperte. Seit 2014 ist er Leiter der Denkfabrik Flossbach von Storch Research Institute.
Die Staaten mussten die Geldmenge immer stärker steigern
Phillip Cagan zeigt anhand einer Tabelle, dass die Hyperinflation in Russland nach dem Ersten Weltkrieg am längsten dauerte und dass Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg die höchste Preissteigerungsrate hatte. Thomas Mayer erklärt: „Seine Analyse lässt den Schluss zu, dass die Preissteigerungen von der Ausweitung der Geldmenge und diese wiederum vom Finanzbedarf der Staaten in und nach den Kriegen getrieben waren.“ Das mag heute zwar trivial erscheinen, war aber den Akteuren während der Perioden der Hyperinflation nicht immer klar.
Thomas Mayer vermutet: „Ein Grund dafür könnte gewesen sein, dass die Preise in der Tendenz stärker stiegen als die Geldmengen, weil Produzenten und Konsumenten einen immer schnelleren Anstieg der Preise erwarteten.“ Damit lagen sie nicht falsch, da die Staaten die Geldmenge immer stärker steigern mussten, um mehr Güter kaufen zu können. Doch wurde der Kreislauf auch immer wieder durch Hoffnungen auf Besserung unterbrochen.
Die deutsche Hyperinflation hatte die schwerwiegendsten Folgen
Und der Kreislauf wurde nicht so manisch, dass er nicht mit der Beendigung der Geldvermehrung hätte gebrochen werden können. Thomas Mayer stellt fest: „Obwohl sie nicht die stärkste und längste war, hatte die deutsche Hyperinflation aufgrund ihrer gesellschaftlichen Konsequenzen wohl die größte geschichtliche Bedeutung.“ Denn sie hatte in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg die schwerwiegendsten Folgen, für Deutschland selbst und den Rest der Welt.
Den Grundstein für die spätere Hyperinflation legte die Finanzierung der Kriegskosten in den Jahren 1914 bis 1918. Thomas Mayer erläutert: „Vor dem Krieg stellten Metallmünzen knapp 60 Prozent der Zahlungsmittel dar, wobei allein die Goldmünzen 46 Prozent ausmachten. Die deutsche Reichsbank war zudem durch das Bankgesetz von 1875 dazu verpflichtet, mindestens ein Drittel der umlaufenden Banknoten aus Papier mit Goldreserven und den Rest mit staatlich garantierten Schatzwechseln mit drei Monaten Laufzeit zu decken.“ Quelle: „Das Inflationsgespenst“ von Thomas Mayer
Von Hans Klumbies