Rechtspopulisten sehen in der Globalisierung eine Gefahr

In Deutschland sieht etwas mehr als die Hälfte die Globalisierung als Chance, die andere Hälfte als Bedrohung. Unter den Wählern am linken und rechten Rand jedoch sind die Werte im Gesamtvergleich besonders hoch. So fühlen sich 78 Prozent der Wähler der Alternative für Deutschland (AfD) und 54 Prozent der linken Wähler von der Globalisierung bedroht. Bei allen anderen Parteien liegen die Werte nur zwischen 23 und 38 Prozent. Philipp Hübl weiß, dass das kein deutsches Phänomen ist: „In ganz Europa verbindet die Wähler von Rechtspopulisten nicht Einkommen oder Bildungsstand, sondern diese Gemeinsamkeit: Globalisierung stellt für sie eine Gefahr dar.“ Die Anhänger der Rechtspopulisten sind also nicht primär Systemkritiker. Sie sind vor allem Modernitätsverweigerer. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

Die Wähler der AfD sind nicht ökonomisch abgehängt

Die Angst vor der Globalisierung ist europaweit am stärksten unter den Österreichern und Franzosen. Frankreich ist zudem besonders polarisiert. Dort verorten sich nur etwa 30 Prozent der Wähler in der politischen Mitte. Der Mittelwert der Europäischen Union (EU) liegt bei etwa 60 Prozent. Je jünger die Europäer, desto weniger Angst haben sie vor der Globalisierung. Wie zu erwarten, nennen die Gegner der Globalisierung die Flüchtlinge als Hauptgrund für ihre Abneigung.

Durch die Globalisierung sind nicht nur vordergründig Arbeitsplätze in Gefahr. Vor allem gelten die alten Gewissheiten nicht mehr. Denn auf einmal ist alles neu: die Menschen, die Technik, die Arbeit und die Lebensstile. Auch wenn man es immer wieder liest: Die Wähler der Rechtspopulisten sind nicht ökonomisch abgehängt. Das zeigt beispielhaft die AfD. Deren Wählerschaft teilt sich fast zu gleichen Teilen in die untere, mittlere und obere Einkommensklasse auf.

Die Fremden sind für Rechtspopulisten konkrete Feinde

Die Rechten fühlen sich allerdings sozial abgehängt. Diese Grundstimmung muss man berücksichtigen, um den Rechtsruck zu erklären. Einzelne Ereignisse können nur dann zum rechtsradikalen Denken führen, wenn der Nährboden dafür schon geschaffen ist. Die große Zahl der Flüchtlinge von 2015 hat zwar dazu geführt, dass einige Menschen aus der politischen Mitte nach rechts gewandert sind. Philipp Hübl fügt hinzu: „Bei den Rechtsradikalen hat die Flüchtlingssituation aber nicht Hass ausgelöst, sondern ihn konkretisiert.“

Ihr Unmut ist seitdem nicht mehr diffus. Sie haben jetzt einen konkreten Vorfall, für den sie den Eliten Vorwürfe machen können. Und die Fremden, die ihr Territorium betreten haben, können sie als ganz konkrete Feinde ansehen. Männer legen mehr Wert auf die Prinzipien Autorität und Loyalität. Sie sind deutlich anfälliger für Stammesdenken als Frauen. So ist es für Philipp Hübl kein Wunder, dass bei der Bundestagswahl 2017 unter den Wählern der rechtspopulistischen AfD der Anteil der Frauen bei 37 Prozent und der der Männer bei 63 Prozent lag. Quelle: „Die aufgeregte Gesellschaft“ von Philipp Hübl

Von Hans Klumbies

Schreibe einen Kommentar