Die Asylfrage dominierte die Politik

Seit dem Fall der Mauer ist die Zahl der in Deutschland Asylsuchenden kontinuierlich gestiegen. Hinzu kommen Spätaussiedler aus den ehemaligen Sowjetrepubliken und Flüchtlinge aus dem jugoslawischen Bürgerkrieg. Die Union aus CDU und CSU sowie die rechten Splitterparteien hatten schon Ende der Achtzigerjahre die Angst vor den Asylsuchenden als zentrales politisches Thema besetzt. Philipp Hübl blickt zurück: „Die deutschen Wähler hielten damals die Asylfrage für politisch wichtiger als die Wiedervereinigung oder die Arbeitslosigkeit.“ Mit der Flüchtlingssituation von 2015 parallel zur Willkommenskultur kam es auch verstärkt zu fremdenfeindlichen Aktionen. Mit der Ankunft der Fremden nahm die Gewalt zu. Allein im Jahr 2017 gab es mehr als 2.000 Angriffe gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

In gemischten Ethnien gibt es weniger Vorurteile

Manchmal lohnt sich ein Blick zurück in die Kulturgeschichte von den Griechen und Römern bis zu den Genoziden im 20. Jahrhundert. Denn dann zeigt sich, dass Menschen zu allen Zeiten fremdenfeindlich waren, andere Gruppen als minderwertig ansehen, versklavt und vernichtet haben. Auch die empirische Psychologie legt nahe: Menschen haben eine angeborene Neigung zur Fremdenfeindlichkeit. Diese kann man nur mit zivilisatorischer Anstrengung kontrollieren, was inzwischen auch von der Neurologie erforscht ist.

Immer mehr Hinweise deuten darauf hin, dass die Neigung zur Fremdenfeindlichkeit angeboren ist. Kinder gelten zwar als uneinvorgenommene Kosmopoliten, da sie unterschiedslos mit allen spielen. Die gängige Meinung ist deshalb, dass erst die Gesellschaft sie zu Rassisten macht. Philipp Hübl schränkt ein: „Doch das stimmt nur zum Teil, denn die Neigung zur Abgrenzung ist in ihnen schon angelegt. Nur wenn Kinder in einer ethnisch gemischten Umgebung aufwachsen, bleiben sie relativ vorurteilsfrei.“

„Rasse“ ist keine psychologisch relevante Kategorie

Doch sobald eine Ethnie überwiegt, kann man schon bei Kindern im Alter von vier Jahren negative Einstellungen über Spielkameraden einer anderen Hautfarbe feststellen. Dennoch argumentieren die amerikanische Evolutionsbiologin Lea Cosmides und ihre Kollegen, dass „Rasse“ keine psychologisch relevante Kategorie darstellt. Menschen neigen zwar von Natur aus zur Fremdenfeindlichkeit, Rassismus ist aber nur ein Spezialfall dieser Neigung. Die Urmenschen haben in Stämmen gelebt und waren mit dem Nachbarclan verfeindet, von deren Mitgliedern sie sich äußerlich nicht unterschieden.

Unzählige historische Konflikte zeigen, dass sich verfeindete Gruppen bis aufs Blut bekämpfen, obwohl sie sich tatsächlich nicht nur ethnisch sehr ähnlich sind. Philipp Blum denkt dabei an die Auseinandersetzung zwischen Sunniten und Schiiten im Nahen Osten oder zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland. Die Gruppenzuordnung ist dabei an so subtilen Feinheiten erkennbar wie an der Verehrung der richtigen Propheten oder der korrekten Auslegung der Heiligen Schrift. Quelle: „Die aufgeregte Gesellschaft“ von Philipp Hübl

Von Hans Klumbies

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