Das Bewusstsein bildet die Voraussetzung für eine Illusion

Ist das menschliche Bewusstsein eine Illusion? Das könnte man denken, wenn man annimmt, dass das Bewusstsein vollständig vom Gehirn abhängt. Kann das Bewusstsein eine Täuschung sein? Das wäre laut Philipp Hübl allerdings seltsam, denn das Bewusstsein ist ja gerade die Voraussetzung, um sich überhaupt in etwas täuschen zu können. Ohne Bewusstsein würde ein Mensch nichts sehen und könnte folglich auch keiner Illusion erliegen. Ja, man könnte nicht einmal sagen, „wer“ sich da eigentlich täuscht, denn das Bewusstsein scheint die Spezies Mensch überhaupt erst auszumachen. Es ist ein Mythos, dass Menschen nur zehn Prozent ihrer potentiellen Gehirnleistung nutzen. Denn niemand weiß, was die Nutzung des Gehirns überhaupt ist und wie man sie quantifizieren sollte. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

Theoretisch könnte das Bewusstsein eine Art „höherstufiger Wahrnehmung“ sein

Die Ausdrücke „ohnmächtig“ oder „bewusstlos“, die man immer nur Lebewesen zuschreibt, drücken ein Fehlen von Bewusstsein aus. Zu den Verfechtern unbewusster Zustände gehören vor allem Theorien, die Bewusstsein nicht als eine unabhängige Eigenschaft ansehen, sondern meinen, es bedürfe anderer Zustände, um einen unbewussten Zustand bewusstzumachen. Der erste Vorschlag lautet, dass Bewusstsein ein „Sinnesorgan“ zur „Wahrnehmung psychischer Qualitäten“ sei, wie Sigmund Freud sagt.

Der englische Philosoph John Locke zielt in dieselbe Richtung, wenn er das Bewusstsein als „inneren Sinn“, den man auf andere Zustände richten kann, bezeichnet. Zeitgenössische Vertreter sprechen oft vom Bewusstsein als einer Art „höherstufiger Wahrnehmung“. Der zweite Vorschlag des amerikanischen Philosophen David Rosenthal besagt, dass ein niedrigstufiger Gedanke erst als Teil eines höherstufigen Gedankens bewusst wird. Ob es Zustände gibt, die unbewusst im Sinne von vorbewusst sind, ist in der Forschung bis heute umstritten.

Es gibt eine aktive und eine passive Aufmerksamkeit

Die Aufmerksamkeit spielt eine wichtige Rolle im menschlichen Leben, denn von ihr scheint abzuhängen, was man von der Welt mitbekommt. Philipp Hübl erklärt: „Das wiederum kann einen nachhaltige Effekt auf unsere angewandte Vernunft und unsere Lebensführung haben, denn je mehr wir aufmerksam wahrnehmen und überdenken, desto besser sind wir gegen Manipulationen geschützt.“ Auch Erinnerungen, Tagträume oder Gedanken können im Fokus der Aufmerksamkeit stehen.

Ablenkung ist die Unfähigkeit, die eigene Aufmerksamkeit aktiv auf eine Aufgabe zu fokussieren. Die Unterscheidung in aktive und passive Aufmerksamkeit haben schon Hermann von Helmholtz und William James getroffen, die beide als Mitbegründer der experimentellen Psychologie gelten. Philipp Hübl erläutert: „Aktiv ist die Aufmerksamkeit, wenn wir sie selbst kontrolliert auf etwas lenken, passiv, wenn sie zu einem Stimulus hingezogen wird.“ Die aktive Aufmerksamkeit heißt im Alltag Konzentration, die passive Form Bottom-up-Aufmerksamkeit. Quelle: „Der Untergrund des Denkens“ von Philipp Hübl

Von Hans Klumbies

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