Im 17. Jahrhundert wächst der internationale Handel

Die eskalierende Ausbeutung und Verpestung der Welt ist für Philipp Blom das gegenwärtige Äquivalent zu den Hexenverbrennungen des 17. Jahrhunderts. Es ist der hilflose Aktivismus einer Zivilisation, die keine Alternative sieht. Die sich jedoch im Recht weiß, die auf vergangene Erfolge zeigt, um gegenwärtiges Handeln zu rechtfertigen. Die sich immer wieder dieselben, alten Geschichten erzählt. Diese gehen ironischerweise zurück auf die Kleine Eiszeit. Es kam zu einer Krise der Landwirtschaft. Daraus resultierten politische Verwerfungen, die zu einer Stärkung von Märkten und internationalem Handel sowie zum Ausbau der Infrastruktur führten. Erfolgreich und international gesehen war ein Staat im 17. Jahrhundert aber nur, wenn er militärisch mächtig war und Kriege führen konnte. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford.

Das Wirtschaftswachstum beruht auf Ausbeutung

Die Ökonomen jener Zeit formulierten dazu eine Theorie, die neu war. Die Wirtschaft braucht Wachstum, und um das zu erzielen, müssen natürliche und menschliche Ressourcen maximal ausgebeutet werden. Nur so kam der König zu genug Gold, um seine Feinde zu schlagen. Das ist der Anfang der Geschichte, die sich die reichen Nationen dieser Welt nach wie vor erzählen. Wirtschaftswachstum, das auf Ausbeutung beruht, war damals und heute der Grundgedanke eines ökonomischen Modells, das von Anfang an expansiv war.

Über die Jahrhunderte bedeutete das die Vergewaltigung ganzer Gesellschaften auf anderen Kontinenten und eine immer rücksichtslosere Ausbeutung der Natur. Im Unterschied zu heute verursachte das aber keine Naturkatastrophen. Der Grund dafür liegt laut Philipp Blom nicht in der Weisheit alter Traditionen. Macht hat immer verführt, Gier und Dummheit wurde seit jeher als endemische Plagen der Gesellschaft bezeichnet. Auch die Industrie war immer schmutzig.

Die Zivilisation wird immer mörderischer

Römische Bergwerke verseuchten Flüsse, südamerikanische Kulturen rodeten Wälder, bis die Bodenerosion ihre Landwirtschaft zusammenbrechen ließ. Mittelalterliche Kohlenmeiler und Gerbereien waren immens dreckig und produzierten giftigen Rauch. Philipp Blom weiß: „Dass so viel zerstörerisches Potenzial sich nicht früher entladen hat, ist nur eine Frage der technologischen Reichweite.“ Bei einer Industrie, die hauptsächlich von Muskelkraft, Windmühlen und Wasserrädern angetrieben wurde, waren die negativen Effekte lokal begrenzt.

Auch ein Imperium konnte sich nicht weiter ausbreiten, als es die Trägheit seiner Kommunikationsmittel und Nachschubrouten erlaubte. Selbst eine menschengemachte Umweltkatastrophe war notwendigerweise begrenzt. Das Gleichgewicht der Kräfte lag offensichtlich aufseiten der Natur. Lediglich ein Vulkanausbruch konnte die Kreisläufe auf dem gesamten Globus vorübergehend aus dem Lot bringen. Dann kam die Dampfmaschine und mit ihr die Kohle un die industrielle Revolution. Und dann das Öl, unendlich viel Öl. Dieser Energieschub ermöglichte einerseits zivilisatorische Errungenschaften, die jedoch andererseits immer mörderischer wurden. Quelle: „Das grosse Welttheater“ von Philipp Blom

Von Hans Klumbies