Die Arbeit trägt zur menschlichen Würde durch Anerkennung bei

Wenn ein Mensch arbeitslos wird, verliert er gleichzeitig seine Selbstständigkeit. Er kann sein Leben nicht mehr selbst verdienen und ist auf Unterstützung angewiesen. Vielleicht durch die Wohlfahrt, vielleicht durch den Partner. Peter Bieri erklärt: „Arbeit schafft Würde im Sinne von materieller Selbstständigkeit. In diesem Sinne ist jede Arbeit besser als keine Arbeit.“ Von dem Tag an, an dem ein Mensch sein erstes Geld verdient, ist er ein ganz Anderer in der Welt, selbst sein Gang ist ein anderer. Dabei kommt es nicht darauf an, dass eine Person irgendetwas arbeitet, sondern dass sie eine Arbeit hat, die auch bezahlt wird. Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

Nach der Entlassung geht die Anerkennung verloren

Wird ein Mensch für seine Arbeit nicht bezahlt, muss er in ständiger Abhängigkeit und Dankbarkeit leben. Doch Selbstständigkeit ist für Peter Bieri nicht das einzige, worum es geht, wenn man Arbeit will. Es geht seiner Meinung nach auch um die Erfahrung, dass man auf seine Leistung stolz sein kann. Dabei spielt das Gefühl eine Rolle, durch diese Leistung etwas wert zu sein. Wer seinen Arbeitsplatz dagegen verloren hat, dem wird es vorkommen, als habe er als Mensch jetzt keinen Wert mehr.

Was eine Entlassung einer Person wegnimmt, ist Anerkennung. Peter Bieri erläutert: „Die Möglichkeit, sich in der Wertschätzung der anderen zu spiegeln und dadurch ein Gefühl für den eigenen Wert zu bekommen.“ Wenn jemand arbeiten möchte, geht es auch darum, Teil einer Gemeinschaft zu sein und etwas zu einem Vorhaben beizutragen. Es ist auch der Wunsch, durch die eigene Leistung als wertvolles Mitglied der Gemeinschaft gebraucht zu werden und anerkannt zu sein. Auch das ist eine Erfahrung der Würde.

Entfremdete Arbeit kann die Würde eines Menschen zerstören

Die Arbeit trägt laut Peter Bieri nicht nur durch Selbstständigkeit und Anerkennung bei. Es geht auch darum, dass ein Mensch seine Fähigkeiten und damit sich als Person insgesamt entwickeln kann. Es gibt die unterschiedlichsten Arbeiten. Zum Beispiel diejenige, wo ein Mensch ganz bei sich ist, fast wie in einem Spiel. Das ist eine Arbeit, in der man selbst zu Wort kommt. Auf der anderen Seite gibt es die Arbeit, die als Frondienst erlebt wird, weil sie unter Zwang verrichtet wird. Das was man tut, bleibt einem dann auch selbst äußerlich.

Arbeit kann sich auch in dem Sinn von einem Menschen selbst entfremden, indem er Dinge tun muss, die seinem Selbstbild widersprechen und seine Identität zerstören. Wenn zum Beispiel eine Person gezwungen wird, Waffen oder Drogen herzustellen, ist das eine Entfremdung, die seine Würde zerstört. Und noch auf eine andere Weise kann einen Menschen die Arbeit von sich selbst entfremden und damit seine Würde beschädigen. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um sinnlose Arbeit handelt.

Von Hans Klumbies