Paul Auster sagt beim Schreiben ausschließlich die Wahrheit

In dem Roman „Sunset Park“ den der amerikanische Schriftsteller Paul Auster im Jahr 2010 veröffentlichte, spricht der Erzähler von seinem Plan, sich vom angesammelten Ballast seines Lebens zu entledigen und bewusster im Hier und Jetzt zu leben. Paul Auster sagt: „Was „Sunset Park“ betrifft, so war es das erste Mal in meinem Leben als Schriftsteller, dass ich bewusst versucht habe, einen Roman über das Jetzt zu schreiben.“ Fast alle seine vorherigen Romane hatten eine distanzierte Beziehung zur Gegenwart, aber „Sunset Park“ war für Paul Auster der bewusste Versucht, über die aktuelle Krise in Amerika zu schreiben, die alle Amerikaner gerade durchleben. Seine Romanfigur macht sich sehr dunkle Gedanken und ist vom Gefühl geprägt, jede Zukunft verloren zu haben. Die Dinge, für die er gelebt hat, existieren nicht mehr.

Geschichten sind für Paul Auster Fiktionen und Erfindungen

In seinem Buch „Winterjournal“ springt Paul Auster unerwartet aus der Gegenwart in eine mal mehr mal weniger distanzierte Vergangenheit. Der Autor erklärt: „Beim Schreiben wurde mir irgendwann klar, dass es sich weder um Memoiren noch um eine Autobiographie handelt, denn das hieße das Leben in chronologischer Folge zu erzählen.“ Er stellte sich den Roman eher als ein Musikstück vor, in dem verschiedene Stimmen aufgenommen und wieder fallengelassen werden, um später abermals an der Oberfläche aufzutauchen.

Unter Geschichten versteht Paul Auster Fiktionen und Erfindungen, und er weiß nicht, ob er sein eigenes Selbst in den Romanen auf ähnliche Weise erforscht, wie seinen Körper im „Winterjournal“. Er sieht seine Aufgabe als Schriftsteller darin, Bücher zu schreiben und die Dinge unablässig voranzutreiben. Er zitiert den Literaturnobelpreisträger J. M. Coetzee, der einmal gesagt hat, dass seine Bücher wie kleine Koffer seien, die er aus seiner Reise am Wegesrand zurücklässt. Er stellt sie ab und spaziert weiter.

Paul Auster reinigt sich beim Schreiben von bestimmten Gefühlen

Paul Auster erinnert sich an das, was er fühlte, als er seine Romane schrieb. Er vergegenwärtigt sich der Leidenschaften, die er aufbringen musste, um sie schreiben zu können. Dabei schwankt er zwischen der Überzeugung, dass alles was er geschrieben hat, einen kläglichen Misserfolg darstellt, und dem Gedanken, dass es am Ende eigentlich doch gar keine so schlechten Bücher sind. Beim Schreiben erkennt man sich nicht immer selbst. Paul Auster erläutert: „Man reinigt sich beim Schreiben von bestimmten Gefühlen oder schreibt sich mit einem Buch durch emotionales Leid.“

Ein Buch hat Paul Auster noch nie von irgendeiner Pein befreit, aber er kennt die Erfahrung, dass das Schreiben den Schmerz lindert. Paul Auster zählt inzwischen zu den wichtigsten amerikanischen Autoren. Seine Handlungen im normalen Leben bestimmen ethische Grundsätze. Er versucht sich ehrenhaft und würdevoll zu verhalten, wie es ihm als Kind beigebracht wurde: nicht zu lügen, nicht zu betrügen und anderen gegenüber großzügig zu sein. Auch beim Schreiben geht es ihm ausschließlich darum, die Wahrheit zu sagen.  

Von Hans Klumbies