Der Mensch ist nicht die Krone der Schöpfung

Es ist die vorherrschende Sicht des Menschen auf sich selbst, dass er ein besonderes Tier ist. Über die physischen Fähigkeiten und Besonderheiten des Homo sapiens ist viel bekannt. Allein ihm, so ist oft festgestellt worden, ist die Fähigkeit zur Sprache und Kultur gegeben. Nur er beherrscht die Herstellung von Werkzeugen und komplexen Technologien, die angeblich über seine evolutionäre Zukunft entscheide. Matthias Glaubrecht weiß jedoch: „Tatsächlich sind unter den Menschenaffen auf Orang-Utans für ihr Geschick bekannt. Sie öffnen Früchte mit einem Stock, schützen sich mit großen Blättern vor Regen. Gorillas wurden beobachtet, wie sie durch Tümpel wateten und mit einem Stock die Wassertiefe testeten.“ Schimpansen vermögen Nüsse mit Steinen zu knacken, wobei ihnen diese als Hammer und Amboss dienen. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.

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Carlo Rovelli kennt das Geheimnis der Zeit

Das Geheimnis der Zeit beunruhigte die Menschen seit jeher und weckt tief verwurzelte Gefühle. Parmenides wollte der Zeit die Realität absprechen, Platon ersann ein Reich der Ideen außerhalb der Zeit. Und Georg Wilhelm Friedrich Hegel spricht von dem Augenblick, in dem der Geist die Zeitlichkeit überwindet. Carlo Rovelli ist überzeugt, dass diese Denker die Verunsicherung zu überwinden trachteten, welche die Zeit in den Menschen auslöst: „Um dieses beunruhigende Gefühl abzuschütteln, haben wir die Existenz der Ewigkeit ersonnen.“ Dabei handelt es sich um eine seltsame Welt außerhalb der Zeit, nach den Wünschen der Menschen bevölkert mit Göttern, einem einzigen Gott oder unsterblichen Seelen. Die Physik hilft den Menschen, Schicht um Schicht in das Geheimnis der Zeit vorzudringen. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Libellen sind wahre Luftakrobaten

„Teufelsnadeln“ nannte sie der Volksmund. Wahrscheinlich weil das blitzschnelle, zuckende Herumfliegen der Großlibellen die Menschen irritierte. Der lange, bei manchen Arten am Ende auffällige Bildungen tragende Körper mag den Eindruck erweckt haben, die Libellen könnten stechen. Zumal wenn sie den Hinterleib bogenförmig nach unten krümmten und damit ins Wasser stießen. Josef H. Reichholf weiß: „Das war aber nichts weiter als die Eiablage. Davor, oft auch im Flug, bildet das Paar einen Ring, der doppelt seltsam wirkt, weil sie in dieser Haltung auch fliegen und sich zum Tandem strecken können.“ Es dauerte lange, bis man erkannte, dass sich die Larven der Libellen im Wasser entwickeln. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.

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Marktmacht führt zu mehr Ungleichheit

Es ist leicht zu verstehen, wie Marktstärke zu mehr Ungleichheit führt. Joseph Stiglitz ergänzt: „Aber sie ist auch für das niedrige Wirtschaftswachstum und die schlechte ökonomische Leistungsbilanz mitverantwortlich. Monopolmacht verzerrt die Marktmechanismen – sie verringert die gesamtwirtschaftliche Effizienz.“ Die Preisaufschläge zu beseitigen, die auf den mangelnden Wettbewerb zurückzuführen sind, würde die Produktion der US-Volkswirtschaft um etwa 40 Prozent erhöhen. Die Errichtung von Eintrittsschranken ist ein integraler Bestandteil von Marktmacht. Dagegen ist eine dynamische Wirtschaft mit funktionierendem Wettbewerb durch den fortwährenden Markteintritt von Unternehmen gekennzeichnet. Dabei ist der Anteil neuer Firmen üblicherweise hoch. Doch der Prozentsatz junger Unternehmen in der amerikanischen Wirtschaft ist wesentlich niedriger als in vielen anderen Ländern. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

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Zehn Megathreats gefährden die Zukunft der Menschheit

Nouriel Roubini skizziert in seinem Buch „Megathreats“ zehn Bedrohungen, mit denen die Menschheit heute konfrontiert ist. Ein Blick auf die Finanzkrise des Jahres 2008 oder den unschlüssigen Umgang mit der Coronapandemie reicht, um zu verstehen, dass schlechte Politik Ersparnisse vernichten und das Leben und die wirtschaftliche Existenz von Millionen von Menschen bedrohen kann. Als Wirtschaftswissenschaftler beschäftigt sich Nouriel Roubini mit Risiken und deren Konsequenzen. Im Jahr 2006 beobachtete er die astronomischen Preise auf dem privaten Immobilienmarkt. Dazu kam ein beängstigender Anstieg der Hypothekenverschuldung und ein Bauboom. Nouriel Roubini warnte, dass diese beispielslose Blase bald platzen und die Welt in eine Rezession und eine Finanzkrise stürzen würde. Seine Voraussagen bestätigten sich auf verheerende Weise. Nouriel Roubini ist einer der gefragtesten Wirtschaftsexperten der Gegenwart. Er leitet Roubini Global Economics, ein Unternehmen für Kapitalmarkt- und Wirtschaftsanalysen.

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Grüne Pflanzen ermöglichen das Leben

Nahezu alles Leben auf der Erde kann nur leben, weil es grüne Pflanzen gibt. Diese erzeugen über die Fotosynthese aus den rein chemischen Grundstoffen Kohlendioxid und Wasser mithilfe der Energie des Sonnenlichts organische Stoffe und setzen dabei Sauerstoff frei. Josef H. Reichholf ergänzt: „Diese organischen Stoffe sind in der Anfangsproduktion der Fotosynthese nichts anderes als Zucker. Wir können sie als in Kohlenstoffverbindungen gespeicherte Energie betrachten.“ Lebewesen bestehen jedoch nicht nur aus Zucker, sondern vornehmlich aus Eiweißstoffen und anderen komplexen organischen Substanzen. An diesen hängt das Leben. Die Fotosynthese ist lediglich eine von mehreren und tatsächlich existierenden chemischen Möglichkeiten, Energie zu speichern in einer für weitere Prozesse nutzbaren Form. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.

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Eine Krankheit stört Funktionen im Organismus

Im Rahmen der heute vorherrschenden naturalistischen Konzepte betrachtet man Krankheit als Störung der Funktionsfähigkeit im Organismus. Barbara Schmitz erklärt: „Der Grundgedanke des naturalistischen Verständnisses besteht darin, Krankheit als Dysfunktion, als Defizit der normalen Funktion zu betrachten. Ein Organ ist dann gesund, wenn es seine Funktion im Kreislauf effizient erfüllen kann.“ Dabei ist aber jede Funktion im Hinblick auf einen ausgerichtet. Ein solches Modell ist also auf ein Ziel, sprich teleologisch angelegt. Das bedeutet wiederum: Es muss letzte Zwecke geben, aus denen sich all die anderen Zwecke ergeben. Einer der wichtigsten Vertreter eines naturalistischen Modells ist Christopher Boorse. Barbara Schmitz ist habilitierte Philosophin. Sie lehrte und forschte an den Universitäten in Basel, Oxford, Freiburg i. Br., Tromsø und Princeton. Sie lebt als Privatdozentin, Lehrbeauftragte und Gymnasiallehrerin in Basel.

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Das Leben begann vor vier Milliarden Jahren

Das Universum der Lebewesen war nie einfach, ganz im Gegenteil. Antonio Damasio weiß: „Es war komplex, und das seit seinen Anfängen vor vier Milliarden Jahren. Das Lebendige kam ohne Worte oder Gedanken voran, ohne Gefühle und Überlegungen, ohne Geist oder Bewusstsein.“ Und doch spürten die lebenden Organismen andere, die ihnen glichen, und sie spürten ihre Umgebung. Mit „spüren“ meint Antonio Damasio die Wahrnehmung einer „Gegenwart“. Nämlich eines anderen ganzen Lebewesens, eines Moleküls, das auf der Oberfläche eines anderen Organismus liegt oder von einem anderen Organismus ausgeschieden wird. Spüren ist nicht das Gleiche wie Erfassen. Und es besteht nicht in der Konstruktion eines Musters von etwas anderem. Antonio Damasio ist Dornsife Professor für Neurologie, Psychologie und Philosophie und Direktor des Brain and Creativity Institute an der University of Southern California.

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Viele Menschen tabuisieren den eigenen Tod

Viele Menschen, die den Glauben an die Religion verloren haben, fürchten sich noch mehr vor dem Tod als die Gläubigen und tabuisieren ihn sogar. Damit betrügen sie sich freilich selbst. Fast nie ist vom eigenen, fast immer vom anonymen Tod des anderen die Rede. Michael Wolffsohn fügt hinzu: „Man bleibt Zuschauer und ist nicht betroffen. Den eigenen Tod tabuisieren die meisten Menschen; damals, heute und gewiss auch in Zukunft. Wir sterben alle, und eigentlich alle möchten es nicht wahrhaben.“ Auch hier bestätigen Ausnahmen die Regeln. Epikur, zum Beispiel. Er lebte von 341 bis 270 vor Christus. Den meisten gilt er völlig zu Unrecht, als eine Art Lustmolch. Prof. Dr. Michael Wolffsohn war von 1981 bis 2012 Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München.

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Digital ersetzt analog

Die zunächst analoge Entwicklung des Computers ging ganz urwüchsig aus dem mechanischen Weltbild und dem ihm innewohnenden Beschleunigungswahn hervor. Damit trat ein neues Prinzip mit der Räderwerkslogik in Konkurrenz. Die analoge Technik ersetzte man dann durch eine digitale Datenübertragung. Mit deren Hilfe können alle Informationen durch eine je eigene Kombination von nur zwei Zuständen beschrieben werden. Nämlich mit „ein“ und „aus“, anwesend und abwesend, 1 und 0. Damit eröffnete sich ein völlig neuer Horizont. Daniel Goeudevert stellt fest: „Mit diesem binären Zeichensystem wurde das Räderwerk praktisch obsolet.“ Man ersetze es durch die sehr viel einfachere und beliebig einsetzbare wie variable Lochkarte. Damit begann eine neue Zukunft. Daniel Goeudevert war Vorsitzender der deutschen Vorstände von Citroën, Renault und Ford sowie Mitglied des Konzernvorstands von VW.

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Für den Nihilismus hat nichts einen objektiven Wert

Im Allgemeinen ist Nihilismus die Auffassung, dass in Wirklichkeit überhaupt nichts einen objektiven Wert hat. Das gilt nicht einmal für das Leben. Markus Gabriel ergänzt: „Der Nihilismus hält die Wirklichkeit für einen wertneutralen Ort, an dem ein Überlebenskampf der Arten und Individuen tobt. Ein Wert, so der Hauptgedanke des Nihilismus, liegt nur vor, wenn jemand etwas, was an sich keinen Wert hat, wertschätzt.“ Besonders eindringlich wurde dieser Gedanke von Friedrich Nietzsche formuliert. Dieser setzt ihn für seinen groß angelegten Versuch ein. Er will das angeblich christlich-jüdische Wertesystem der von ihm sogenannten „Sklavenmoral“ zugunsten einer neuartigen „Herrenmoral“ entthronen. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Doktor Faustus verkörpert die Universalität

Das Ideal der Vielseitigkeit beziehungsweise des „universellen Menschen“ wurde schon in der Renaissance selbst aufgestellt. Das Ideal eines vollkommenen Menschen war die Kenntnis vieler und verschiedener Disziplinen. Peter Burke erklärt: „Eine berühmte Verkörperung des Universalitätsideals war die Figur des Doktor Faustus.“ Der Protagonist des ursprünglichen „Faustbuchs“ von 1587 hatte eine „unersättliche Gier nach Wissen“. Diese Formulierungen des Universalitätsideals konzentrieren sich auf akademisches Wissen, das zentrale Thema dieses Buchs. Andere Konzepte sind anspruchsvoller und fordern auch Befähigung in der Welt des Handelns ebenso wie in der des Denkens. Ein Kontrast, der seinerzeit oft als einer zwischen „Waffen“ und „Wissenschaften“ beschrieben wurde. Sechzehn Jahre lehrte Peter Burke an der School of European Studies der University of Sussex. Im Jahr 1978 wechselte er als Professor für Kulturgeschichte nach Cambridge ans Emmanuel College.

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Kulturen können schnell untergehen

Die neolithische Revolution ist, genau betrachtet, ein bis heute andauernder Prozess. Joachim Bauer stellt fest: „Die durch den Menschen vollzogene Unterwerfung der Natur war ein Abenteuer ohnegleichen. Dieses Abenteuer bot und bietet der Menschheit bis heute gewaltige Chancen der technischen und kulturellen Entfaltung.“ Es war und ist zugleich aber mit erheblichen Risiken verbunden, den Untergang eingeschlossen. Die Risiken können den inneren Zustand einer Zivilisation betreffen, insbesondere soziale Verwerfungen und nicht mehr steuerbare innergesellschaftliche Konflikte. Vor allem zum Untergang von Kulturen beigetragen haben aber durch zivilisatorische Aktivitäten verursachte ökologische Krisen. Schwere ökologische Krisen sind dabei keine vorübergehende Erscheinung, die sich durch Abwarten überstehen lassen. Sondern sie können das Ende einer Kultur bedeuten, und dies in überraschend kurzer Zeit. Joachim Bauer ist Arzt, Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Bestsellerautor von Sachbüchern.

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Ideen entstehen durch schöpferisches Denken

Schöpferisches Denken durch Kombination kann nicht nur erklären, wie Ideen zustande kommen. Sondern es ist auch ein Schlüssel, um die Entwicklung einer Kultur zu verstehen. Stefan Klein weiß: „Kulturen verändern sich, wenn Menschen mit der Zeit einen immer reicheren Schatz an Wissen und Erfahrungen, Konzepten und Mythen, Techniken und Kunstwerken anlegen.“ Solche Prozesse lassen sich nicht in erster Linie auf die herausragenden Beiträge Einzelner zurückführen. Auch wenn die Leistungen von Persönlichkeiten wie Leonardo da Vinci, Johann Sebastian Bach, Marie Curie oder Albert Einstein spektakulär sind. Der Motor ist vielmehr das kollektive Gehirn. Denn erst das Zusammenwirken einer ganzen Gemeinschaft erzeugt den geistigen Nährboden, auf dem Ideen keimen. Stefan Klein zählt zu den erfolgreichsten Wissenschaftsautoren der deutschen Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg.

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Katzen sind eingefleischte Realisten

Katzen tun selten etwas, was nicht einem Zweck dient oder unmittelbare Freude bereitet, denn Katzen sind eingefleischte Realisten. Konfrontiert mit menschlicher Torheit, gehen sie einfach ihrer Wege. Menschen können zwar keine Katzen werden. Doch wenn sie sich nicht für überlegene Wesen hielten, würden sie vielleicht verstehen, wie Katzen ein gutes Leben führen können, ohne sich ängstlich zu fragen, „wie“ sie leben sollen. John Gray erklärt: „Katzen brauchen keine Philosophie. Sie gehorchen ihrer Natur und sind zufrieden mit dem Leben, das diese ihnen schenkt. Beim Menschen dagegen scheint Unzufriedenheit mit seiner Natur zu dieser Natur zu gehören.“ John Gray lehrte Philosophie unter anderem in Oxford und Yale. Zuletzt hatte er den Lehrstuhl für Europäische Ideengeschichte an der London School of Economics inne.

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Der Menschheit droht der Untergang

Woher kommt dieser Größenwahn, der Mensch sei die Krone der Schöpfung und müsse die Natur beherrschen? Philipp Blom verfolgt in seinem neuen Buch „Die Unterwerfung“ die Geschichte einer Idee, die den Planeten Erde an den Rand des Abgrunds getrieben hat. Denn der Homo sapiens sieht sich als Mittelpunkt, als Maß als Herrscher der Natur. Und er glaubt tatsächlich, dass alle lebenden Kreaturen vor seiner unvergleichlichen Majestät in den Staub fallen. Dieses Menschenbild ergreift sich als erhaben über Tiere und andere Lebewesen, sieht die Natur als Kulisse seiner eigenen Ambitionen und als Rohstofflager. Gegliedert hat Philipp Blom sein Wert in drei große Abschnitte: Mythos, Logos und Kosmos. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford. Er lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

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Alles ist ein sprachliches Konstrukt

Eine neue Wirklichkeit verändert die Sprache. Kann umgekehrt die Sprache ebendiese Wirklichkeit, die sie abbildet, umgestalten? Verwandelt man tatsächlich die Welt, indem man die Dinge anders benennt und dann auch anders wahrnimmt? Roger de Weck antwortet: „Nicht nur in den Naturwissenschaften wirkt der Beobachter auf das Beobachtete ein. Überhaupt sei alles ein sprachliches Konstrukt, befand der Strukturalist Roland Barthes.“ Aber weder die Frauenmehrheit noch die benachteiligten Minderheiten werden die Gleichstellung allein dank der politisch korrekten Sprache schaffen. Sie ist mehr eine wertschätzende Etikette als eine Machtstrategie. Ist politische Korrektheit unpolitisch? Ein differenziertes Vokabular ist die gute Alternative zur Stimmlage von Wutbürgern wie zum lehrsamen Tonfall einiger Überkorrekter. Respektvoller Austausch mit ermutigten Zeitgenossen ist eine Voraussetzung liberaler Demokratie. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

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Schweden gab den Anstoß zur Entstehung der Zentralbanken

Marco Polo lebte von Mitte des 13. bis ins frühe 14. Jahrhundert. Aus seinen Berichten konnten die Europäer erfahren, wie man in China Papier herstellt, bedruckt und als Geld verwendet. Doch es dauerte bis 1450, als der Mainzer Goldschmied Johannes Gutenberg den Buchdruck erfand und dieser sich in Europa verbreitete. Thomas Mayer ergänzt: „Und es vergingen weitere 200 Jahre, bis ein schwedischer Bankier, Hans Witmacker, 1656 auf die Idee kam, Geld aus Papier herzustellen. Dies gab den Anstoß zur Entstehung der Zentralbanken.“ Im Jahr 1656 erhielt er von König Karl X. Gustav die Lizenz zur Gründung einer Bank, die den Namen „Stockholms Banco“ erhielt. Thomas Mayer ist promovierter Ökonom und ausgewiesener Finanzexperte. Seit 2014 ist er Leiter der Denkfabrik Flossbach von Storch Research Institute.

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Leistung besteht aus Effizienz und Fairness

Es ist nichts Falsches daran, Menschen aufgrund ihrer Leistung einzustellen. Tatsächlich ist es in der Regel genau das Richtige. Michael J. Sandel erklärt: „Wenn es darum geht, einen Job zu erledigen, kommt es aus mindestens zwei Gründen auf Leistung an.“ Einer davon ist Effizienz. Der andere Grund ist Fairness. Es wäre beispielsweise falsch, den qualifiziertesten Bewerber aufgrund rassistischer, religiöser oder sexistischer Vorurteile auszuschließen und stattdessen eine weniger qualifizierte Person zu beschäftigen. Die Vorstellung, dass eine Gesellschaft wirtschaftliche Belohnungen und verantwortungsvolle Positionen entsprechend der Leistung vergeben sollte, erscheint aus mehreren Gründen reizvoll. Ein Wirtschaftssystem, das Anstrengung, Initiative und Talent belohnt, ist wahrscheinlich produktiver als eines, das alle gleich bezahlt oder erstrebenswerte Stellungen auf der Basis von Vetternwirtschaft vergibt. Michael J. Sandel ist ein politischer Philosoph, der seit 1980 in Harvard lehrt. Er zählt zu den weltweit populärsten Moralphilosophen.

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Der demographische Wandel prägt die USA

Die USA erleben derzeit einen umfassenden demographischen Wandel. Dieser wird mit Sicherheit frühere Denkansätze in Bezug auf Fragen der Identität, der Gemeinschaft und der sozialen Beziehungen auf den Kopf stellen. Wenn die US-amerikanischen Bürger heute die falschen Entscheidungen treffen, könnte es sein, dass der binäre Gegensatz schwarz / nichtschwarz sich von Neuem behauptet und Rassenprivilegien genauso massiv sind wie eh und je. Danielle Allen ergänzt: „Etwas Ähnliches ließe sich über Europa sagen. So wie es sich gerade mit einer Mischung aus niedrigen Geburtsraten in der einheimischen Bevölkerung, Flüchtlingskrise, binneneuropäischer Migration und der Frage von Europas Zukunft herumschlägt.“ Die Politikwissenschaftlerin und Altphilologin Danielle Allen lehrt als Professorin an der Harvard University. Zugleich ist sie Direktorin des Edmond J. Safra Center for Ethics in Harvard.

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Der Staat übt rassistische Gewalt aus

Nach der Auffassung des Amerikanisten Chandan Reddy gründet der Staat in rassistischer Gewalt. Diese übt er nach wie vor systematisch gegen Minderheiten aus. In den Vereinigten Staaten und anderswo bezeichnet die Polizei People of Colour als „gewalttätig“. Selbst da, wo sie einfach weggehen oder weglaufen, sich beschweren wollen oder einfach nur tief schlafen. Judith Butler kritisiert: „Es ist schon sehr merkwürdig und empörend zu sehen, wie man Gewalt unter solchen Umständen rechtfertigt. Diejenigen, auf die sie abzielt, müssen als Bedrohung, selbst als Träger realer Gewalt dargestellt werden, damit tödliche Polizeieinsätze als Selbstverteidigung erscheinen können.“ Hat die fragliche Person überhaupt nichts sichtbar Gewalttätiges getan, galt sie einfach nur als gewalttätig. Judith Butler ist Maxine Elliot Professor für Komparatistik und kritische Theorie an der University of California, Berkeley.

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Die Philosophie führt von der Dunkelheit zum Licht

Platon war der erste Philosoph, der sich theoretisch mit der Frage der Poetik auseinandersetzte. Für ihn ist die Mimesis verdächtig, ontologisch und moralisch gleichermaßen. Mimesis bezeichnet ursprünglich das Vermögen, mittels einer Geste eine Wirkung zu erzielen. Ontologisch, da die empirische Welt bereits eine Imitation ist, ein Schatten der Realität (Wahrheit) der Welt der Ideen. Ágnes Heller erklärt: „Ontologisch gesehen, so Platon, nehmen Philosophie und Dichtung zwei extreme Positionen des Kontinuums ein.“ Ágnes Heller, Jahrgang 1929, war Schülerin von Georg Lukács. Ab 1977 lehrte sie als Professorin für Soziologie in Melbourne. 1986 wurde sie Nachfolgerin von Hannah Arendt auf deren Lehrstuhl für Philosophie an der New School for Social Research in New York. Ágnes Heller starb am 19. Juli 2019 in Ungarn.

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Das Soziale liegt im Auge des Betrachters

Die Sozialontologie ist eine Teildisziplin der Philosophie. Sie untersucht systematisch die Frage, ob es allgemeine strukturelle Bedingungen dafür gibt, dass das So-Sein bestimmter Tatsachen sozial ist. Markus Gabriel erklärt: „Eine Tatsache ist dann sozial, wen ihr So-Sein das aufeinander abgestimmte Verhalten mehrerer Individuen einer Spezies involviert.“ Eine soziale Tatsache liegt nicht nur dann vor, wenn mehrere Individuen faktisch eine Handlung derselben Art vollziehen. Denn auch ein einziges Individuum kann durch sein Handeln soziale Tatsachen schaffen oder in sie eingebettet sein, ohne diesen Umstand jemals zur Kenntnis zu nehmen. Das Soziale liegt ziemlich buchstäblich im Auge des Betrachters. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Die Gewaltenteilung führt zur Demokratie

Menschen bleiben, auch und gerade in hohen Machtpositionen, endliche Wesen, denen die Allmacht zu Kopfe steigen und sie selbst und andere zerstören kann. Auch gibt es in der Moderne keine bruchlose Homogenität mehr zwischen Individuum und Staat. Diese gab es, genau besehen, auch nicht in der antiken Demokratie. Silvio Vietta erklärt: „Mithin braucht die Staatstheorie eine Theorie der Gewaltenteilung.“ Diese stellt sicher, dass Menschen, die Menschen kontrollieren, auch von Menschen gewählt wie abgewählt werden können. Und das ist dann die wahre Geburtsstunde der modernen Demokratie. Bereits John Lockes „Zweite Abhandlung über die Regierung“ arbeitet eine rudimentäre Gewaltenteilung aus. Er bereitet damit die liberal-demokratische Staatsform vor. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Gegen Erschöpfung gibt es Gegenmittel

Andreas Salchers neues Buch trägt den Titel „Die grosse Erschöpfung“. Der Autor geht darin der Frage nach warum heutzutage so viele Menschen an Erschöpfung leiden. Er beschreibt, was erfüllte von erschöpften Menschen unterscheiden und stellt Strategien gegen die Erschöpfung vor. Andreas Salcher glaubt nicht an die „Universal Theory of Everything“, welche die komplizierte Welt widerspruchsfrei erklärt und rezepthaft auf Handlungsanleitungen reduziert. Die fünf Regeln gegen Erschöpfung, die für jeden in jeder Lebenssituation passen, gibt es nicht. Stattdessen greift der Autor im letzten Kapitel auf die Lebenserfahrung und Weisheit von drei bedeutenden Lehrern aus der Wissenschaft und Spiritualität zu. Dr. Andreas Salcher ist Mitgebegründer der „Sir Karl-Popper-Schule“ für besonders begabte Kinder. Mit mehr als 250.000 verkauften Büchern gilt er als einer der erfolgreichsten Sachbuchautoren Österreichs.

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