Bescheidenheit erhört die Sparquote

Wenn man Geld ausgibt, müssen erst einmal die körperlichen Grundbedürfnisse erfüllt sein. Morgan Housel weiß: „Danach gönnen wir uns gern ein wenig Bequemlichkeit, darüber hinaus geben wir unser Geld für Unterhaltung und Selbstverwirklichung aus.“ Und weiter? Oberhalb eines recht niedrigen materiellen Niveaus spiegeln die meisten Ausgaben nur noch wider, dass das Ego mit dem Einkommen mitwächst. Das heißt, man gibt Geld aus, um seiner Umgebung zu zeigen, was man hat beziehungsweise hatte. Man sollte diese Erkenntnis bedenken, denn dann merkt man: Eine der besten Methoden, die Sparquote zu erhöhen, besteht nicht darin, das Einkommen zu steigern, sondern die Bescheidenheit. Sobald man Ersparnisse als den Abstand zwischen Ego und seinem Einkommen begreift, wird klar, warum so viele Menschen mit ansehnlichem Einkommen so wenig sparen. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.

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Die Flut der Informationen zerstört relevantes Wissen

Michael Schmidt-Salomon hat sein neues Buch „Die Evolution des Denkens“ unter anderem deshalb geschrieben, weil er in den letzten Jahren den Eindruck gewonnen hat, dass in der Flut der Informationen, die uns tagtäglich überschwemmt, relevantes Wissen verloren geht. Selbst in akademischen Kreisen scheint man die Grundlagen des modernen Weltbildes kaum noch zu kennen. Michael Schmidt-Salomon schreibt: „Diese kulturelle Demenz ist gefährlich, weil sie unsere Perspektive verengt. Wir verlieren die Orientierung und sind dazu verdammt, die gleichen Fragen immer und immer wieder neu zu diskutieren, obwohl die maßgeblichen Antworten schon vor Jahrzehnten, wenn nicht schon vor Jahrhunderten gefunden wurden.“ Deshalb stehen im Zentrum seines Buchs die Lebensgeschichten jener Menschen, die seines Erachtens besonders relevante Einsichten für die heutige Zeit hervorgebracht haben. Michael Schmidt-Salomon ist freischaffender Philosoph und Schriftsteller sowie Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung.

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A hot planet is not cool

Auf den Pappschildern der Fridays-for-Future-Bewegung ist ein Bild stark vertreten: die handgemalte runde Erde. So bebildern sie ihre Parolen „no planet B“ oder „a hot planet is not cool“ und das überwölbende „save the planet“. Ulrich Grober ergänzt: „Allgegenwärtig in den Medien, besonders im Netz, ist das entsprechende Foto. Das Bild des Planeten aus einer Außenperspektive erscheint uns ganz natürlich, selbstverständlich.“ Dabei ist es noch gar nicht so alt. Ikone Erde und die Saga vom blauen Planeten, das meistpublizierte Foto der Mediengeschichte und eine große Erzählung in wenigen Worten, sind vielleicht das Beste, was das 20. Jahrhundert der Menschheit hinterlassen hat. Ein paar kalifornische Hippies kamen zuerst auf die Idee: Zeigt uns „whole earth“, die ganze Erde, so wie sie aus dem All zu sehen ist. Den Publizisten und Buchautor Ulrich Grober beschäftigt die Verknüpfung von kulturellem Erbe und Zukunftsvisionen.

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Soziale Unzufriedenheit verursacht keine Revolutionen

Christopher Clark befasst sich in seinem neuen Buch „Frühling der Revolution“ mit den Gesellschaften Europas vor 1848. Dabei liegt das Augenmerk auf Bereichen der Repression, Verdrängung, Unterdrückung und des Konflikts. Christopher Clark stellt fest: „Soziale Unzufriedenheit „verursacht“ keine Revolutionen – wenn sie das täte, käme es viel häufiger zu Revolutionen.“ Dennoch war die materielle Not der Europäer Mitte des 19. Jahrhunderts der unverzichtbare Hintergrund für jene Prozesse der politischen Polarisierung, welche die Revolutionen erst ermöglichten. Sie war ausschlaggebend für die Motivation vieler Teilnehmer an städtischen Unruhen. Ebenso wichtig wie die Realität und das Ausmaß des Leids waren die Mittel und Wege, mit denen diese Ära soziale Missstände wahrnahm und einordnete. Christopher Clark lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine’s College in Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte Preußens.

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Besonnene Verschuldung kann das Leben besser machen

Nouriel Roubini betont: „Besonnene Verschuldung im Zusammenspiel mit Wirtschaftswachstum kann das Leben besser machen, ohne künftige Generationen zu belasten.“ Es ist in Ordnung, auch in schlechten Zeiten Kredite aufzunehmen, etwa um eine Rezession abzuschwächen, wenn in guten Zeiten ein Haushaltsüberschuss erwirtschaftet wird, um die Schuldenquote zu stabilisieren und abzubauen. In den sieben Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte ein überwiegend positives Umfeld vor, das die Zusammenarbeit der Industrienationen begünstigte. Robustes Wirtschaftswachstum half diesen Staaten, die im Krieg angehäuften Schulden abzubauen. Doch seit den 1970er-Jahren begannen sich unter dieser friedlichen Oberfläche die Anreize zu verschieben. Die Veränderungen setzten langsam ein, doch sie beschleunigten sich unter dem Banner der Globalisierung. Nouriel Roubini ist einer der gefragtesten Wirtschaftsexperten der Gegenwart. Er leitet Roubini Global Economics, ein Unternehmen für Kapitalmarkt- und Wirtschaftsanalysen.

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Menschen wollen ihrem Leben Bedeutung verleihen

Gesundheit ist in einen umfassenden Kontext eingebettet und man versteht sie als Wechselwirkung mit der Umwelt. Auffällig ist, dass auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrer neuen Definition davon spricht, dass es für die Menschen darum geht, für sie „Bedeutsames“ zu tun. Barbara Schmitz ergänzt: „Das erinnert an Aaron Antonovskys Betonung der Bedeutsamkeit. Hier wie dort wird angenommen, dass es für Menschen darum geht, ihrem Leben Bedeutung zu verleihen, ihr Leben als sinnvoll zu verstehen.“ Was kann aber dies bei Krankheit heißen? Damit man genauer erfassen kann, inwiefern bei Krankheit ein lebenswertes Leben möglich ist, sollte daher die „Frage aller Fragen“ gestellt werden. Was ist der Sinn des Lebens? Barbara Schmitz ist habilitierte Philosophin. Sie lehrte und forschte an den Universitäten in Basel, Oxford, Freiburg i. Br., Tromsø und Princeton. Sie lebt als Privatdozentin, Lehrbeauftragte und Gymnasiallehrerin in Basel.

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Kooperation ist die Grundlage des Gemeinwohls

Der Grundsatz, wonach Menschen durch Kooperation viel mehr erreichen können, als wenn sie allein arbeiten, ist seit Langem anerkannt. Auch die Verfassung der Vereinigten Staaten zeigt, dass die Bürger der gerade unabhängig gewordenen Bundesstaaten die Notwendigkeit kollektiven Handelns einsahen. Josef Stiglitz ergänzt: „Das gemeinsame Handeln schuf die Grundlage des Gemeinwohls, und es geschah nicht nur durch freiwillige Zusammenschlüsse, sondern auch auf Geheiß der Regierung, mit all den Machtbefugnissen, über die sie verfügte.“ Das gesellschaftliche Wohlergehen förderten nicht nur Bauern und Händler, die ihre eigenen Interessen verfolgten. Dazu trug auch eine starke Regierung bei, deren Befugnisse genau definiert und dadurch auch begrenzt waren. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

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Die Götter sind menschlichen Ursprungs

Im 5. und 6. Jahrhundert v. Chr. findet die Demokratie in Griechenland erstmals Erwähnung. Unter den vorsokratischen Denkern ist Xenophanes von Kolophon der erste, dem man die Einsicht in den menschlichen Ursprung der Götter zuschreibt. „Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus“, ist ein pointierter Spruch, mit dem Xenophanes in das Gedächtnis der Menschheit eingegangen ist. Volker Gerhard ergänzt: „In anderen Bemerkungen des Denkers kommen die Menschen als begrifflich aktive Wesen vor, die zwar auch Lebewesen wie die Tiere sind, aber dank einer besonderen Gunst der Götter über die Fähigkeit zum Erkennen und zum Denken verfügen.“ Volker Gerhardt lehrte bis 2012 als Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin. Dort ist er auch weiterhin als Seniorprofessor tätig.

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Manchmal sind schmerzliche Gefühle normal

Randolph M. Nesse vertritt in seinem neuen Buch „Gute Gründe für schlechte Gefühle“ folgende These: „Gerade die evolutionären Entwicklungen, die uns zu sozialen Handeln und kognitiven Leistungen befähigen, sind auch dafür verantwortlich, dass wir mental leiden.“ Die Evolutionsmedizin bietet neue Erklärungsansätze, warum der menschliche Körper so krankheitsanfällig ist, die inzwischen auch bei psychischen Störungen systematisch zur Anwendung kommen. Randolph Nesses Buch ist ein breit gefächerter Bericht von der vordersten Front der Evolutionären Psychiatrie. Psychische Störungen sind eine so große Plage der Menschen, dass sich alle unverzüglich Lösungen wünschen. Die Evolutionäre Psychiatrie kann dazu hilfreiche philosophische Erkenntnisse bieten. Professor Randolph M. Nesse ist Mitbegründer der Evolutionären Medizin. Seit 2014 lehrt er and er University of Arizona, wo er als Gründungsmitglied und Direktor das Center for Evolution and Medicine leitet.

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Jeder Mensch hat seinen Preis

In der Lebenswelt hat alles seinen Preis, nicht nur die natürlichen Ressourcen und die Dinge, sondern auch die Menschen. Annemarie Pieper erklärt: „Zwar läuft niemand mit einem angehefteten Preisetikett durch die Gegend, aber wir taxieren andere automatisch: anhand ihres Aussehens, ihrer Kleidung, der Art, wie sie sich bewegen, sprechen, sich verhalten.“ In lange zurückliegenden Zeiten mag die blitzschnelle Einschätzung, insbesondere von Fremden, überlebenswichtig gewesen sein: Freund oder Feind? Besser, man bemächtigt sich seines Skalps als Trophäe für die eigene Überlegenheit, als die Konfrontation mit dem Leben zu bezahlen. Die heutigen Kopfjäger hingegen, die sogenannten Headhunter, bemessen den Wert einer Person an den Spitzengehältern, die der freie Markt für die Fähigkeiten ihres Kopfes zu zahlen bereit ist. Prof. Dr. Annemarie Pieper lehrte von 1981 bis 2004 Philosophie an der Universität Basel.

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Pflichterfüllung bedeutet mitnichten Kritiklosigkeit

Pflichterfüllung ist kein Selbstzweck, und Pflichten, die frei von gutem Nutzen sind, sind kritisch zu hinterfragen. Pflichtbewusster Staatsbürger eines liberal-demokratischen Staates zu sein, bedeutet mitnichten Kritiklosigkeit oder einen Glauben an alle massenmedial verbreiteten Mehrheitsmeinungen. Richard David Precht nennt ein Beispiele: „Wer gegen Kohlekraftwerke oder Aufrüstung protestiert, vernachlässigt nicht seine staatsbürgerlichen Pflichten, lässt deswegen nicht Empathie vermissen oder missachtet die Schwachen und Schutzbedürftigen.“ Doch was sich auf Querdenker-Demos abspielt ist keine Rebellion im Namen der humanitas. Es lässt sich nicht vergleichen mit dem Protest gegen den Hunger in der Welt bei gleichzeitigem Überfluss der reichen Länder. Und auch nicht gleichsetzen mit dem Aufbegehren gegen die noch immer rasant fortschreitende Zerstörung der klimatischen Lebensbedingungen des Menschen auf der Erde. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Der Klimawandel ist präsenter denn je

Aus den Nachrichten: In Australien verbrennen 110.000 Quadratkilometer Wald, das entspricht einem Drittel der Fläche von Deutschland. Dabei sterben 34 Menschen und etwa eine Milliarde Säugetiere, Vögel und Reptilien. Eine Heuschreckenplage überfällt Afrika. Äthiopien, Eritrea, Kenia, Somalia und Uganda sind betroffen, die Heuschreckenschwärme erreichen Iran und Pakistan. Gunther Mair fügt hinzu: „Überschwemmungen in Indien und China fordern über 2.000 Menschenleben, zwei Millionen Menschen werden obdachlos und über 30 Millionen sind betroffen.“ Die Liste ließe sich beliebig fortführen. Diese Katastrophenereignisse sind nicht Teil eines Science-Fiction-Klimathrillers, sondern passierten alle allein im Jahr 2020. Ihre Kosten wurden konservativ auf über 100 Milliarden US-Dollar. Betrifft der Klimawandel auch die Europäer? Die Antwort ist natürlich ein klares Ja. Dr. Gunther Mair arbeitete als promovierter Chemiker in der chemischen Großindustrie und entdeckte dort sein Interesse für die Klimagasproblematik.

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Freiheit und Nachhaltigkeit gehören zusammen

Über Freiheit nachzudenken erfordert, die Herausforderungen der Gegenwart mitzubedenken, unter denen die ökologische Krise weit oben steht. Aus dieser Überlegung heraus ist das Vorhaben von Katia Henriette Backhaus entstanden, das Konzept nachhaltiger Freiheit zu entwerfen. Dabei geht es ihr bewusst nicht darum, nach einer neutralen Position zu streben. Eine solche Konzeption muss plausibel darlegen, dass sie die Relation von Freiheit und Nachhaltigkeit in beide Richtungen stärken kann. Katia Henriette Backhaus erklärt: „Sie erhält die politische Freiheit der Menschen auf der Erde nachhaltig, also auf Dauer. Und sie respektiert und gewährleistet den Erhalt der natürlichen Bedingung der Möglichkeit der politischen Freiheit.“ Das bedeutet: Die nachhaltige Freiheit darf die Bedingungen der Möglichkeit der Freiheit nicht ignorieren. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Erkenntnis ist ein Wiedererkennen

In einem Dialog zwischen Menon und Sokrates untersucht Platon das Rätsel des Erkennens anhand der Begegnung mit einer Idee. Woher kommt, genau in diesem Moment, in dem man zum ersten Mal etwas begreift, in dem man eine Idee klar formuliert, der Eindruck, dass sie evident sei, dass man es schon immer wusste? Erkenntnis, so Platon, ist eigentlich ein Wiedererkennen. Oder, um es mit seinen Worten zu sagen, eine „Reminiszenz“ oder Rückerinnerung. Charles Pépin erläutert: „Bevor wir geboren wurden und für die begrenzte Dauer unseres irdischen Lebens in unseren Körper fielen, gehörten wir der Welt der ewigen Ideen an. Und diese Welt werden wir im Augenblick des Todes, befreit von den Grenzen unseres Körpers, weiderfinden.“ Charles Pépin ist Schriftsteller und unterrichtet Philosophie. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

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Deutschland hat sich zum Bevormundungsstaat entwickelt

Deutschland wird für einen Menschen, dem Freiheit viel bedeutet, immer unerträglicher. Verglichen mit Deutschland ist der Sozialstaat in der Schweiz noch vernünftig dimensioniert. Reinhard K. Sprenger stellt fest: „Aber nirgendwo in Europa wachsen die Sozialbudgets proportional so wie in der Schweiz. Der wesentliche Unterschied liegt zwischen „geben“ und „nicht nehmen“. In Deutschland nimmt mir der Staat viel weg und gibt mir dann etwas davon zurück.“ Natürlich abzüglich der Kosten für die Umverteiler selbst. In der Schweiz nimmt der Staat nicht so viel und lässt seine Bürger wählen, welche Dienstleistungen sie kaufen wollen. Das ist schon respektvoller. Der deutsche Staat hat sich verselbstständigt, er hat sich vom Rechtsstaat zum Bevormundungsstaat entwickelt. Reinhard K. Sprenger, promovierter Philosoph, ist einer der profiliertesten Führungsexperten Deutschlands.

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Leonardo da Vinci – Ein Genie der Renaissance

Leonardo da Vinci gilt zweifellos als eines der größten Genies der Renaissance und vielleicht sogar der gesamten Menschheitsgeschichte. Sein Talent erstreckte sich über eine Vielzahl von Disziplinen, von der Malerei bis zur Anatomie, von der Ingenieurwissenschaft bis zur Botanik. Seine Werke und Ideen haben die Kunst, Wissenschaft und Technologie seiner Zeit revolutioniert und prägen bis … Weiterlesen

Ein Ausweg aus de Wachstumsdilemma und der Klimakrise ist möglich

Anders Levermann beschäftigt sich in seinem Buch „Die Faltung der Welt“ unter anderem mit folgender Frage: „Wie ist unendliches Wachstum auf einem begrenzten Planeten möglich?“ In seinem Buch verbindet er Überlegungen aus zwei Welten – den Natur- und den Wirtschaftswissenschaften. Die Begrenztheit der Erde und seiner Ressourcen ist offensichtlich. Ein Dilemma entsteht dann, wenn man davon überzeugt ist, dass eine fortwährende Weiterentwicklung unausweichlich ist. Diese Weiterentwicklung muss darüber hinaus frei von Beschränkungen erfolgen, um tatsächlich effektive Lösungen für neue Herausforderungen zu finden. Dazu möchte Anders Levermann das Narrativ der Faltung anbieten, von dem er glaubt, dass es das Paradigma von unbegrenztem und stetigem Wachstum ersetzen kann. Der Physiker Anders Levermann arbeitet seit mehr als 20 Jahren am Potsdam-Institut für Klimaforschung. Zudem ist er Professor am physikalischen Institut der Universität Potsdam.

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Selbst die Logik kann den Kern der Dinge nicht erfassen

Die Offenheit des Geistes, dieses treue Folgen des Verstandes, führte über eine Arbeit von mehreren Jahrhunderten zu den sublimsten Einsichten. Die großen Physiker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bewiesen auf die konkreteste Weise, dass man den Kern der Materie nicht unabhängig vom beobachteten Subjekt betrachten kann. Denn die Beobachtung eines Subjekts verändert das Subjekt selbst. Matthias Desmet erläutert: „So zeigte Werner Heisenberg in seiner berühmten Unschärferelation, dass selbst rein materielle „Fakten“, wie die Lokalisierung von Teilchen in Zeit und Raum, nicht eindeutig bestimmbar sind.“ Die großen Geister, die der Ratio und den Fakten am treuesten folgten, kamen sogar zu dem Schluss, dass der Kern der Dinge letztlich nicht in Logik zu fassen sei. Mattias Desmet ist Professor für Klinische Psychologie an der Abteilung für Psychoanalyse und klinische Beratung der Universität Gent.

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Die Sprechweise wirkt sich auf die Wahrnehmung der Zuhörer aus

Im Allgemeinen treten vorurteilsbedingte Fehlfunktionen in einer Praxis der Bezeugung auf zweierlei Weise auf. Miranda Fricker erklärt: „Entweder führt das Vorurteil dazu, dass die Sprecherin für glaubwürdiger gehalten wird, als es normalerweise der Fall wäre – es gibt also einen Glaubwürdigkeitsüberschuss. Oder aber sie wird als weniger glaubwürdig wahrgenommen als sonst – dann liegt ein Glaubwürdigkeitsdefizit vor.“ Man denke nur daran, welch unmittelbare Auswirkung ein Akzent oder die Sprechweise einer Sprecherin auf ein Gespräch hat. Eine bestimmte Sprechweise birgt nicht nur eine soziale Komponente, die sich darauf auswirkt, wie ein Zuhörer die Sprecherin wahrnimmt, sondern hat auch sehr oft eine epistemische Komponente. Miranda Fricker ist Professorin für Philosophie an der New York University, Co-Direktorin des New York Institute für Philosophy und Honorarprofessorin an der University of Sheffield.

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Es tobt ein Kampf zwischen Gut und Böse

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 03/2024 erörtert die Frage: „Gibt es die Guten und die Bösen?“ Friedrich Nietzsche meinte, dass die Religion ihren Begriff des Guten aus einer „Sklavenmoral“ zöge, die das Starke, Herrische als böse abwerte, um die Schwachen triumphieren zu lassen. Die Zuschreibung des Bösen liegt für den Philosophen Fabian Bernhardt nahe, sobald ein Gegenüber sich an Werten orientiert, die man selbst für problematisch oder gar gefährlich hält. Der Zwang zur Rechthaberei gilt bekanntlich als eine in Deutschland besonders stark ausgeprägte Untugend. Auch weltweit gilt: affektive Erregungswellen, die sich übereinandertürmen, eine nicht endende Flut von Shitstorms, beleidigende Interferenzen, wohin man auch schaut. Wer in Bezug auf eine bestimmte Streitfrage oder einen bestimmten Konflikt jeweils die Guten und die Bösen sind, scheint dabei häufig von vornherein ausgemacht.

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Die Sumer entwickelten die Keilschrift

Ein überaus wichtiger Schritt für die Menschheit als Ganzes war die Erfindung der ersten Schrift, der Keilschrift. Joachim Bauer blickt zurück: „Sie wurde gegen Ende des 4. Jahrhunderts vor Christus in Sumer entwickelt, dem ältesten der Reiche des Zweistromlandes.“ Schriftliche Überlieferungen und die Analyse von Material, das man durch archäologische Grabung zutage förderte, erwiesen sich in den vergangenen Jahrzehnten als überaus ergiebige Erkenntnisquellen. Als besonders wertvoll stellte sich die Möglichkeit heraus, ausgegrabene Materialen mit radiochemischen Methoden auf ihr Alter zu bestimmen. Die kombinierte Anwendung verschiedener Methoden hat das Forschungsgebiet der Archäobotanik entstehen lassen. Wissenschaftler in diesem Bereich untersuchen, wo, wann und mit welchen Pflanzen oder Bäumen die Erde zu verschiedenen Zeiten der Erdgeschichte bewachsen war. Prof. Dr. Med. Joachim Bauer ist Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Arzt.

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Die Sinnsuche im Job hat epidemische Ausmaße angenommen

Ingo Hamm schreibt: „Wir alle haben keine Sklavenjobs. Niemand von uns muss auf der Galeere rudern oder im Steinbruch Brocken klopfen. Auch verdienen die meisten von uns – hier in der westlichen Welt – ganz ordentlich.“ Es reicht um Leben und es reicht gut, auch wenn viele auf hohem Niveau, sprich mit schönem Häuschen und Drittwagen für den studierenden Filius, klagen. Die meisten Menschen können also zufrieden sein. Im Großen und Ganzen. Nur sie sind es definitiv nicht. Die Sinnsuche im Job hat inzwischen epidemische Ausmaße angenommen wie auch das generelle „Unbehagen in der Arbeitskultur“, wie es Sigmund Freud betiteln würde. Findige Arbeitgeber spüren natürlich dieses brodelnde Unbehagen – eventuell auch und gerade bei sich selbst. Dr. Ingo Hamm ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Darmstadt.

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Es gibt einen Mythos der milden Diktatoren

„Kein Mensch bekämpft die Freiheit. Er bekämpft höchstens die Freiheit des anderen. Jede Art der Freiheit hat daher immer existiert, nur einmal als besonderes Vorrecht, das andere Mal als allgemeines Recht“, schrieb Karl Marx am 12. Mai 1842. Freiheit für alle oder nur für Wenige? Roger de Weck erklärt: „Die Wenigen schätzen eben die Freiheit für Wenige, weil sie riesengroß ist. Weil sie auf die Vielen keine Rücksicht nehmen müssen.“ Nicht nur in Italien hängen sie am Mythos der milden Diktatoren, da „ohne Ordnung keine Freiheit“. Im Handumdrehen ließen sich Konservative und Liberale von Autokraten einwickeln. Zum Beispiel als 1922 in Rom das bürgerliche Parlament Benito Mussolini eine Blankovollmacht erteilte. Er versprach eine „befreiende Gewalt“. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

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Es gibt eine Brücke zwischen dem Wissen und dem Vertrauen ins Leben

Die wichtigste Botschaft auf der das neue Buch von Andreas Salcher „Unsere neue beste Freundin, die Zukunft“ aufbaut, lautet: „Es existiert eine Brücke zwischen dem Wissen über unsere eigenen Fähigkeiten und dem Vertrauen ins Leben.“ Menschen, die mit diesem Grundvertrauen ausgestattet sind, können sich selbstbewusst an immer neue Aufgaben heranwagen. Dabei können sie herausfinden, wo ihre tatsächlichen Begabungen liegen. In seinem Ratgeber erklärt Andreas Salcher seinen Lesern, welche neuen Denkweisen und Talente sie brauchen, um in einer sich schnell verändernden Welt erfolgreich zu sein. Schon immer birgt die Jugend aus der Sicht der Erwachsenen ein Geheimnis. Dr. Andreas Salcher ist Mitgebegründer der „Sir Karl-Popper-Schule“ für besonders begabte Kinder. Mit mehr als 250.000 verkauften Büchern gilt er als einer der erfolgreichsten Sachbuchautoren Österreichs.

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Es gibt keinen Kampf der Kulturen

Der Kampf der Kulturen ist für Amartya Sen eine ausgesprochen globale These über Konflikte. Doch es gibt auch bescheidenere, aber ebenfalls einflussreiche Behauptungen. Auch nach diesen hängen die vielen Konflikte und Gräuel, die man heute in verschiedenen Teilen der Welt beobachtet, mit Gegensätzen von Kulturen und Identitäten zusammen. In den kleineren Varianten dieses Ansatzes sind es lokale Bevölkerungen, die in zerstrittene Gruppen mit unterschiedlicher Kultur und Geschichte zerfallen. Daraus erwächst quasi „naturwüchsig“ eine gegenseitige Feindschaft. Moderne Konflikte sind ohne Berücksichtigung aktueller Ereignisse und Machenschaften nicht zu verstehen. Auf diese Weise bläst man sie zu uralten Fehden auf, in denen die heutigen Akteure in angeblich altüberkommenen Dramen in vorherbestimmten Rollen auftreten. Amartya Sen ist Professor für Philosophie und Ökonomie an der Harvard Universität. Im Jahr 1998 erhielt er den Nobelpreis für Ökonomie.

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