Orhan Pamuk versöhnt den Osten mit dem Westen

Obwohl sich der Schriftsteller Orhan Pamuk selbst nicht als Brückebauer zwischen Orient und Okzident betrachtet, wird er dennoch immer wieder als Vermittler zwischen der Türkei und Europa gerühmt. Als er im Jahr 2006 den Literaturnobelpreis erhielt, ehrte ihn die schwedische Akademie unter anderem für seine Schöpfungen neuer Sinnbilder, die den Streit und die Verflechtung der Kulturen widerspiegeln. Orhan Pamuks Romane sind auf jeden Fall eine außergewöhnliche Mischung von westlichen und orientalischen Traditionen. Der Schriftsteller sagt, dass sein eigentliches Thema in seinen Werken die menschliche Seele sei, wodurch sein Schreiben eine zutiefst humanistische Ausrichtung erfährt. Außerdem sind seine literarischen Arbeiten ganz eng mit seiner Heimatstadt Istanbul verflochten, die sehr großen Einfluss auf Orhan Pamuk ausgeübt hat.

Die Zerrissenheit zwischen Orient und Okzident

Bis auf drei Jahre, in denen der Autor als Gastdozent in den USA an der Columbia University lehrte, lebte Orhan Pamuk im Istanbuler Viertel Nisantasi und lebt heute wieder in dem Haus, in dem er aufwuchs. Auf der einen Seite hat Orhan Pamuk die traditionell westliche Orientierung seines Viertels geprägt, aber auf der anderen Seite ist er auch fest mit der orientalischen Tradition der Türkei verwurzelt.

Der krasse Gegensatz von Abend- und Morgenland, wie er in Orhan Pamuks Heimat seit Jahrhunderten vorhanden ist, verschmilzt und verschwimmt in seinen Werken, der scheinbar nicht zu überbrückende Gegensatz von West und Ost wird in Frage gestellt. Dennoch kreisen seine Werke um den ewige Zerrissenheit von Orient und Okzident, auch wenn sein Erzählstil ihnen die Schärfe nimmt.

Der Roman „Schnee“ macht Orhan Pamuk weltberühmt

Es entsteht eine Gesellschaft, die nicht nur von ihren Extremen geprägt ist wie durch die Konfrontation des Verharrens in der Tradition des Islam auf der einen Seite und progressiver Offenheit der Welt gegenüber auf der anderen Seite.Im Alter von 22 Jahren fasste Orhan Pamuk den Entschluss Schriftsteller zu werden. Davor studierte er Architektur und Journalismus.

1982 veröffentlichte er sein Erstlingswerk „Cedvet Bay und seine Söhne“, in dem er den Alltag in Istanbul im Viertel Nisantasi beschreibt, in dem er seine Kindheit verbracht hat. Weltweit bekannt wurde der Autor 2002 mit seinem Roman „Schnee“ (Hanser), in dem er einen Mikrokosmos der türkischen Gesellschaft entwarf. In seinem Roman „Istanbul – Erinnerung an eine Stadt“ (Hanser) von 2003 hat er die Thematik seines Debütromans wieder aufgegriffen.

Die literarische Vielseitigkeit gehört zu den Stärken Orhan Pamuks

Daneben hatte Orhan Pamuk zuvor Abenteuerromane, Künstlerromane und historische Werke verfasst. Eine spannende Handlung, literarische Verweise und die Verflechtung von Orient und Okzident zeichnen alle Texte Pamuks aus.

Weitere berühmte Romane von Orhan Pamuk sind: „Die weiße Festung“ (1985, Hanser), „Das schwarze Buch“ (1990, Fischer Tb.), „Rot ist mein Name“, „Das stille Haus“ (2009, Hanser) sowie „Das neue Leben“ (1994, Fischer Tb.), das zu den meistgelesenen Romanen der türkischen Literatur überhaupt zählt.

Von Hans Klumbies