Ohne Eliten wären die restlichen 99 Prozent der Bevölkerung verloren

Das Philosophie Magazin 06/2018 stellt im Titelthema die Frage: „Brauchen wir Eliten?“ und erhält darauf die unterschiedlichsten Antworten. Der Philosoph und Bestsellerautor Wolfram Eilenberger beantwortet die Frage mit einem klaren Ja, denn ohne die wahre Elite wären die übrigen 99 Prozent der Bevölkerung verloren. Was dieses 1 Prozent dieser Individuen herausragen lässt, sind ihre besonderen Talente und Sehnsüchte. Was sie zu sozialen Störenfrieden macht, ist ihr Beharren auf dem Willen zum exzellenten Ausscheren. „Elite“ ist der gängige Begriff für sie, „Gründer“ wäre ein weitaus treffender. Wolfram Eilenberger erläutert: „Denn ihre eigentliche Funktion für das Ganze besteht eben darin: Sie gründen relevante Anfänge – sei es in Form einer Religion, einer Philosophie, einer Technik, eines Unternehmens, eines Stils, eines Systems oder auch nur Standards.“

Kinder schulden ihren Eltern nichts

Nils Markwardt, leitender Redakteur des Philosophie Magazins, stellt fest, dass die Kritik an den Eliten nicht mehr vorrangig von links, sondern von rechts kommt. Dabei gehören die Wortführer der Rechtspopulisten oft selbst zu den Privilegiertesten. Was wie ein Widerspruch wirkt, führt in Wahrheit zum Kern reaktionären Denkens, das schon immer mit der Idee einer starken Anführerschaft verbunden war. Ausgangspunkt einer rechten Elitenkritik ist weniger das Herrschaftsdenken selbst als vielmehr die Behauptung einer verloren gegangenen Harmonie zwischen Herrschenden und Beherrschten.

In der Rubrik „Dialog“ streitet die Philosophin Barbara Bleisch mit dem Medienwissenschaftler Norbert Bolz über die Antwort auf die Frage: „Was schulde ich meiner Familie?“ Barbara Bleisch vertritt die These, dass die Kinder ihren Eltern nichts schulden. Denn erstens hat niemand um sein Leben gebeten. Zweitens wissen Eltern, dass eine Menge Pflichten aus sie zukommen. Auch die Annahme, Kinder müssten ihren Eltern ewig dankbar sein, erweist sich so gesehen als irrig. Warum will man denn Kinder? Weil ein Kind unglaublich viel Sinnhaftigkeit mit sich bringt.

Die Philosophin Nancy Fraser fordert einen progressiven Populismus

Im Gespräch mit dem Philosophie Magazin plädiert Nancy Fraser, eine der bedeutendsten Philosophinnen der Gegenwart, für einen progressiven Populismus: Als Reaktion auf Donald Trump, AfD & Co. Zudem fordert sie einen demokratischen, sozialistischen und feministischen Pragmatismus. Für Nancy Fraser folgt aus dem Pragmatismus keine bestimmte politische Ordnung. Sie hält ihn eher für eine Art, auf der „Weltlichkeit“ des Denkens zu beharren: „Denken ist immer in einem historischem Kontext verankert und muss auf die spezifischen Sackgassen seiner Zeit reagieren.“

Zur Klassikerin hat das Philosophie Magazin in der aktuellen Ausgabe die französische Philosophin Simone Weil auserkoren. Verwurzelung ist ihrer Meinung nach wohl das wichtigste und am meisten verkannte Bedürfnis der menschlichen Seele. Jeder Mensch braucht vielfache Wurzeln. Fast sein gesamtes moralisches, intellektuelles und spirituelles Leben muss er durch jene Lebensräume vermittelt bekommen, von denen er von Natur aus gehört. Als Philosophin schreibt Simone Weil über die Verwurzelung, weil das Drama der westlichen Zivilisation ihr zufolge dem ewigen Bedürfnis zuwiderläuft, über Wurzeln zu verfügen und an einem Erbe teilzuhaben, das von Dauer ist.

Von Hans Klumbies

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