Oded Galor erzählt die Geschichte der Menschheit neu

Der renommierte Ökonom Oded Galor untersucht in seinem neuen Buch „The Journey of Humanity“ die Entwicklungen die zu Wohlstand und Ungleichheit führten. Er verschmilzt dabei Erkenntnisse aus unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen. Dabei entsteht eine große welt- und zeitumspannende Theorie, welche die Geschichte der Menschheit neu erzählt. Verhältnis zur langen Geschichte des Homo sapiens hat die Menschheit praktisch über Nacht eine dramatische und beispiellose Verbesserung der Lebensqualität erfahren. Wie der englische Philosoph Thomas Hobbes im 17. Jahrhundert konstatierte, war das menschliche Leben damals „ekelhaft, tierisch und kurz“. Das meiste, was die Menschen heute plagt, ist nichts im Vergleich zu dem Elend und den Tragödien, die sich vor rund 400 Jahren abspielten. Heute genießen viele Nation beispielslosen Wohlstand. Aber es gibt immer noch andere, die den Sprung aus der wirtschaftlichen Stagnation noch nicht geschafft haben.

Lange lebten die Menschen am Rand des Existenzminimums

Im ersten Teil seines Buchs erforscht Oded Galor das Rätsel des Wachstums. Fast den gesamten Verlauf seiner Geschichte verbrachte der Homo sapiens am Rand des Existenzminimums. Danach beschäftigt sich der Autor mit den Kräften, die es manchen Gesellschaften schließlich ermöglichten, aus dieser Armutsfalle auszubrechen. Diese erreichten dann ein beispielsloses Wohlstandniveau, dessen sich viele der heutigen Erdenbewohner erfreuen.

Die Geschichte der Menschheit ist reich an faszinierenden Details. Dabei kann man leicht den Überblick verlieren, ohne die mächtigen Unterströmungen wahrzunehmen. Doch gerade diese Unterströmungen – die Kräfte, die den Entwicklungsprozess bestimmen – untersucht Oded Galor in seinem Buch „The Journey of Humanity“. Es soll zeigen, wie diese Kräfte im Lauf der Menschheitsgeschichte unerbittlich, wenngleich unsichtbar wirkten. Sie wurden stärker, bis sich schließlich der technologische Fortschritt im Zuge der Industriellen Revolution massiv beschleunigte.

Armut und Ungerechtigkeit lassen sich lindern

Woran liegt es, dass einige Teile der Welt diesen Wandel früher vollzogen haben als andere? Im zweiten Teil seines Buchs setzt sich Oded Galor mit dem Rätsel der Ungleichheit auseinander. Dabei geht er auf die Ursachen der folgenreichen Vertiefung der Kluft ein, die in den letzten beiden Jahrhunderten zwischen den Nationen in Bezug auf den Lebensstandard zu beobachten war. Zugleich sorgte die Verbreitung verschiedener kultureller Normen dafür, dass sich weltweit das große Räderwerk der Geschichte unterschiedlich schnell drehte.

Es geht Oded Galor auch darum, in allen Menschen ein Verständnis für die Maßnahmen zu wecken, die Armut und Ungerechtigkeit lindern und zum Wohlstand der Gattung Mensch als Ganzes beitragen können. Die großen Kräfte, die der Menschheitsreise zugrunde liegen, wirken zwar weiterhin unerbittlich. Doch sind Bildung, Toleranz und eine größere Gleichberechtigung der Geschlechter die Schlüssel zum Gedeihen des Homo sapiens in den kommenden Jahrhunderten.

The Journey of Humanity
Die Reise der Menschheit durch die Jahrtausende
Über die Entstehung von Wohlstand und Ungleichheit
Oded Galor
Verlag: dtv
Gebundene Ausgabe: 382 Seiten, Auflage: 2022
ISBN: 978-3-423-29006-7, 26,00 Euro

Von Hans Klumbies