John Stuart Mill verteidigt die Freiheit der Lebensweise

John Stuart Mill (1806 – 1873) war ein Vorkämpfer und Ungerechtigkeit und einer der ersten Verfechter des Feminismus. Er war tätig als Politiker und Journalist sowie außerdem einer der größten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Andere Menschen denken vielleicht, sie wissen, was einen selbst glücklich macht. Aber gewöhnlich irren sie sich. Selbst weiß man viel besser als die anderen, was man wirklich mit seinem Leben machen will. Und selbst wenn dies nicht der Fall ist, hielt es John Stuart Mill für besser, eigene Fehler zu machen, als gezwungen zu werden, eine bestimmte Lebensweise zu übernehmen. Nigel Warburton erklärt: „Dies steht im Einklang mit seinem Utilitarismus, da er glaubte, erhöhte individuelle Freiheit bewirke mehr Glück als eingeschränkte individuelle Freiheit.“ Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

Gedanken- und Redefreiheit sind ebenfalls lebenswichtig

John Stuart Mill zufolge benötigen Genies, mehr als die übrigen Menschen, Freiheit, um sich zu entwickeln. Selten entsprechen hochbegabte, kreative Menschen in ihrem Verhalten den Erwartungen der Gesellschaft, häufig wirken sie verschroben und exzentrisch. Wenn man ihre Entwicklung einschränkt, dann ziehen alle den Kürzeren, dass sie vermutlich nicht den Beitrag für die Gesellschaft leisten, den sie sonst leisten könnten. Wenn man also den höchst möglichen Grad von Glück erreichen will, soll man die Menschen ihr Leben führen lassen, ohne sich einzumischen.

Einmischen soll man sich nur, wenn sie mit ihren Handlungen anderen Menschen Schaden zufügen. Auch wenn man ihre Handlungen anstößig findet, ist das noch immer kein Grund, sie daran zu hindern, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu führen. John Stuart Mill drückte sich hier sehr klar aus: Ärgernis sollte nicht mit Schaden verwechselt werden. Er wollte den Individuen nicht nur Freiheit bezüglich ihrer Lebensweise einräumen, sondern auch unbeschränkte Gedanken- und Redefreiheit, die er ebenfalls für lebenswichtig hielt.

In der Ehe sollten Mann und Frau ebenbürtig sein

John Stuart Mill meinte, offene Diskussionen seien für die Gesellschaft von großem Nutzen, denn dadurch würden die Menschen gezwungen, gründlich über das nachzudenken, was sie glauben. Wenn die eigenen Ansichten nicht von Menschen mit anderen Meinungen infrage gestellt werden, dann wird man sie vermutlich schließlich als „tote Dogmen“ ansehen, als unumstößlich feststehende Meinungen, die man nicht verteidigen kann. Er plädierte für Redefreiheit, die nur ein Tabu kennt: Niemand darf zur Gewalt aufrufen.

Besonders mit seinem Feminismus war John Stuart Mill seiner Zeit weit voraus. Er legte in „Die Hörigkeit der Frau. Nebst einem Vorbericht“ (1869) dar, dass beide Geschlechter vor dem Gesetz und in der Gesellschaft völlig gleich behandelt werden sollten. Die meisten Menschen behaupteten, die Frauen seinen von Natur aus dem Mann unterlegen. John Stuart Mill fragte, wie sie das wissen könnten, da doch die Frauen fast überall daran gehindert würden, ihr Potential voll zu entfalten. Zudem forderte er, dass die Ehe eine Freundschaft zwischen zwei ebenbürtigen Menschen sein sollte. „Die kürzeste Geschichte der Philosophie“ von Nigel Warburton

Von Hans Klumbies