Augustinus, der von 354 bis 430 lebte, war getrieben von der Frage nach der Wahrheit. Als Christ glaubte er an Gott. Trotzdem ließ sein Glaube viele Fragen offen. Er verbrachte den größten Teil seines Leben über folgende Fragen nachzudenken und darüber zu schreiben: „Was soll ich nach Gottes Willen tun? Wie soll ich leben? Was soll ich glauben?“ Zudem zermarterte er sich den Kopf über die Frage, warum Gott das Böse in der Welt zuließ. Auch in der Gegenwart ist seine Antwort unter den Gläubigen immer noch weit verbreitet. Nigel Warburton erklärt: „Im Mittelalter, dass etwa vom 5. Bis zum 15. Jahrhundert reicht, waren Philosophie und Religion eng verknüpft.“ Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.
Augustinus orientierte sich an Platons Weisheit
Die Denker im Mittelalter orientierten sich an den griechischen Philosophen der Antike wie Platon und Aristoteles. Aber sie entwickelten deren Vorstellungen weiter und wandten sie auf ihre eigenen religiösen Überlegungen an. Viele dieser Denker waren Christen, aber es befanden sich auch bedeutende jüdische und arabische Philosophen darunter wie beispielsweise der Jude Maimonides und der Perser Avicenna. Augustinus, der später heilig gesprochen wurde, gehört zu den wichtigsten Philosophen des Mittelalters.
Augustinus schrieb rund hundert Bücher, deren bekanntesten die „Bekenntnisse“ und „Vom Gottesstaat“ sind. Nigel Warburton erläutert: „Er orientierte sich an Platons Weisheit, verlieh ihr aber eine christliche Prägung.“ Augustinus konzentrierte sich in vielen seiner Schriften auf das Böse. Er erkannte, dass die Vorstellung von einem guten Gott, der von diesem Bösen in der Welt weiß, und es nicht verhindert, schwer nachzuvollziehen ist. Er gab sich nicht mit der Theorie zufrieden, das Gott nun mal auf rätselhafte Weise wirkt, die sich menschlichem Verständnis entzieht.
Augustinus glaubt an den freien Willen des Menschen
Es ist das klassische Problem des Bösen, dass Erklärungsnotstand besteht, weshalb Gott solche Dinge zulässt. Wenn alles von Gott kommt, muss das Böse auch von Gott kommen. In gewisser Weise muss Gott gewollt haben, dass es geschieht. Augustinus konnte im Gegensatz zu den Manichäern nicht begreifen, warum der Kampf zwischen Gut und Böse niemals enden sollte. Obwohl die Christen die Existenz der Mächte des Bösen akzeptieren können, glauben sie doch nicht, dass diese Mächte vergleichbar sind mit der Macht Gottes.
Augustinus dachte lange über dieses Problem nach. Schließlich fand er eine Lösung. Augustinus legte dabei großen Wert auf die Existenz des freien Willens, da er den Menschen die Möglichkeit einräumt, sich sittlich zu verhalten. Die Menschen können sich für das Gute entscheiden, was für Augustinus bedeutete, die zehn Gebote Gottes zu befolgen. Aber eine Konsequenz des freien Willens besteht dann allerdings auch darin, dass sich die Menschen genauso gut für das Böse entscheiden können. Böses entsteht meistens dann, wenn die Gefühle stärker sind als die Vernunft. Quelle: „Die kürzeste Geschichte der Philosophie“ von Nigel Warburton
Von Hans Klumbies