Neurowissenschaftler erntschüsseln die Geheimnisse des Traums

 

Gerade erlebt die Traumforschung eine Renaissance. Wissenschaftler wollen herausfinden, wie und warum ein Mensch träumt und versuchen mit Hilfe von Computern zu ergründen, welche Vorgänge sich im Gehirn bei einem Traum abspielen. Große Datenmengen liefern inzwischen Apps, mit denen Menschen ihre Träume aufzeichnen und Muster erkennen können. Nicht nur Neurowissenschaftler, sondern auch Psychologen, Ärzte und Normalbürger wollen die Geheimnisse der Träume aufdecken. Der Neurowissenschaftler Patrick McNamara von der Universität in Boston ist sich sicher, dass es in der Traumforschung bald bahnbrechende neue Ergebnisse geben wird. Denn dank neuer Computer-Apps wie beispielsweise „Dreamboard“ stehen den Wissenschaftlern auf einmal riesige Datenmengen zur Verfügung. Solche Apps lassen sich bequem auf das Smartphone oder den Tablet-PC herunterladen. Wer sich anschließend registriert, kann dann immer und überall seine Träume eintragen und alles was damit zusammenhängt.

Träume werden Teil der medizinischen Diagnostik werden

Die Bedienung des „Dreamboard“ ist sehr einfach. Es gibt viele Symbole und Farben sowie ein Feld für freien Text. Das Programm erfasst Zusammenhänge der Einträge, erkennt Themen, die mehrmals vorkommen, zeichnet Grafiken auf und kann noch vieles mehr. Patrick McNamara erläutert: „Solche Datenquellen werden die Traumforschung revolutionieren, weil sie zum ersten Mal in der Geschichte der Traumforschung eine sehr viel repräsentativere Stichprobe ermöglichen. Viele Menschen aus aller Welt haben über mehrere Monate ihre Träume dort hochgeladen.“

Genau solche Daten zeigen für Patrick McNamara die verlässlichsten und interessantesten Korrelationen, wie sich die Träume und das Leben des Träumers, seine Gefühle und seine psychischen Funktionen verändern. Patrick McNamara ist davon überzeugt, dass Träume auch Teil der medizinischen Diagnostik werden, wenn es in absehbarer Zukunft mehr und vor allem valide Daten darüber gibt, inwieweit Träume den emotionalen und physischen Zustand eines Menschen beeinflussen.

Träume sind für die physische und psychische Gesundheit enorm wichtig

Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, untersuchte die Träume als erster Forscher systematisch und interpretierte sie als unbewusste Wünsche, als den sogenannten „Königsweg zum Unterbewusstsein“. Heute geht die Wissenschaft davon aus, dass Träume für die psychische und physische Gesundheit enorm wichtig sind. Jeder Mensch träumt vier bis fünf Träume in jeder Nacht, die meisten während der REM-Phasen, wobei REM die Abkürzung für Rapid Eye Movement ist. Die schnellen Bewegungen der Augen zeigen, dass das Gehirn auf Hochtouren arbeitet.

In den menschlichen Träumen wird Erlebtes verarbeitet und das Bewusstsein auf das Wachleben und die Wirklichkeit vorbereitet. Wenn man Menschen die Traumphasen vorenthält, leiden sie unter Konzentrationsschwäche, Erinnerungsschwierigkeiten und tun sich schwer beim Lernen. Der kalifornische Schlafforscher Matthew Walker hat herausgefunden, dass im Schlaf die Ereignisse des Tages von den Gefühlen entkleidet und neu bewertet werden. Die Erinnerungen verlieren so ihre emotionale Schärfe. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies