Arme Länder leiden am stärksten unter der Klimakatastrophe

In der Metropole Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas, leben fünf Millionen Menschen. Dort herrscht ein Klima, das sich seit Anfang der 1950er Jahre wesentlich verändert hat. Nadav Eyal stellt fest: „Die Regenfälle der Monsunzeit sind kürzer und heftiger als früher. Die jähen Wolkenbrüche führen zu riesigen Überschwemmungen in den Armenvierteln.“ Im Jahr 2016 erlebte das Land die schlimmste Dürre der letzten vierzig Jahre. Im selben Jahr gingen im westlichen Tiefland innerhalb von zwei Tagen 300 Millimeter Regen nieder. Im Jahr darauf wurde Sri Lanka von den stärksten Regenstürmen seit vierzehn Jahren heimgesucht. Diese vernichteten Dutzende Prozent der Reisernte und ließen Hunderttausende Einwohner ohne Sicherheit der Ernährung zurück. Derartiges geschieht in armen Ländern immer wieder. Nadav Eyal ist einer der bekanntesten Journalisten Israels.

Die ultimative Ausbeutung ist klimatischer Art

Im Frühjahr 2019 erreichten nacheinander zwei tropische Wirbelstürme die Ostküste Afrikas. Dort richteten sie schwere Schäden in Mosambik an. Der Zyklon Idai verwüstete weite Agrarflächen des Landes und vernichtete fast die ganze Maisernte in der Küstenebene. Eine beispiellose humanitäre Katastrophe ereilte den armen Staat, der sich an die UN-Hilfsorganisation wenden musste. Die ultimative Ausbeutung ist für Nadav Eyal deshalb klimatischer Art.

Unzählige Studien haben die ungleichen Auswirkungen der Klimakrise untersucht und sind zu ähnlichen Ergebnissen gelangt. Die Rechnung wird nicht den wohlhabenden Staaten präsentiert. Die armen Nationen zahlen schon seit Jahrzehnten für die globale Erderwärmung. Von 1961 bis 2010 ist der Wohlstand pro Person aufgrund der Klimaerwärmung in den ärmsten Ländern der Welt um 17 bis 20 Prozent gesunken. In den Staaten, welche die meisten Treibhausgase ausstießen, ist das Inlandsprodukt pro Kopf um 13 Prozent gestiegen.

Die Klimaprobleme verhindern ökonomischen Aufstieg

Das sind verblüffende Zahlen. Sie beweisen dass die südliche Hemisphäre in Windeseile ökonomisch vorankommen könnte, wenn da nicht das Klima wäre. Nationen, die viele Jahre lang in kaltem Klima lebten, profitierten wirtschaftlich von der jetzigen Erwärmung. Doch ohnehin schon heiße Staaten, die sich nun noch weiter erhitzen, nehmen schweren Schaden. Das Bruttoinlandsprodukt ging in Staaten wie Indien, Nigeria, Sudan, Indonesien und Brasilien um Dutzende Prozent zurück. Norwegen und Kanada dagegen verzeichneten allein wegen der Erwärmung einen ähnlich großen Anstieg.

Großbritannien, der Vorreiter der industriellen Revolution, gewann 9,5 Prozent hinzu. Diese Zahlen gelten immer in Bezug auf eine Welt ohne steigende Temperaturen. Die Ungleichheit hat laut Nadav Eyal mehrere Facetten. Die ärmsten Länder haben am wenigsten zum Entstehen des gravierendsten Umweltproblems in der Geschichte beigetragen. Dennoch zahlen sie für die Krise einen hohen Preis in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Sie werden ihn auch weiterhin bezahlen, denn sie sind wegen ihrer Schwäche und Armut ohnehin stärker durch extreme Ereignisse gefährdet. Quelle: „Revolte“ von Nadav Eyal

Von Hans Klumbies