Michel de Montaigne ließ seinen Gedanken freien Lauf

Philipp Blom stellt fest: „Michel de Montaignes aufmerksame Beobachtung und sein Mut, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, auch wenn sie den Konventionen der Zeit und den Dogmen des Glaubens zuwiderliefen, hat ihn zu einem persönlichen Freund von vielen Generationen lesender und denkender Menschen gemacht, die gerade diese Freiheit bewunderten und bewundern.“ Für das immer klarer formulierte Projekt, sich die Erde untertan zu machen, war dieses Denken allerdings nicht brauchbar. Es war auch nicht nötig, denn sein Zeitgenosse Francis Bacon (1561 – 1626), selbst ein begeisterter, wenn auch offensichtlich kein vollkommen überzeugter Leser der berühmten „Essais“, entwickelte die theoretische Grundlage dafür. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford. Er lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

Francis Bacons Schriften sollten lange Zeit großen Einfluss haben

Francis Bacon war eine der schillerndsten Figuren der britischen Geschichte, ein Karrierepolitiker und Intrigant, Beisitzer von Hexenprozessen und Lord Chancellor der Krone, aber auch ein Wissenschaftler und ein Philosoph und ein wunderbarer Stilist, dessen Schriften noch lange nach seinem Tod einen ungeheuren Einfluss haben sollten. Philipp Blom erklärt: „In späteren Debatten wurde er oft zum Paradebeispiel für die Mentalität der westlichen Ausbeutung und der instrumentale Vernunft gestempelt, aber die Wahrheit ist, wie so oft, komplexer und interessanter.

Immer wieder wird Francis Bacon mit seinem einprägsamen Motto „knowledge is power“ zitiert, häutig mit dem Zusatz, dass man die Natur „auf die Streckbank legen müsste, um ihr ihre Geheimnisse zu entreißen. Philipp Blom weiß: „Das erste Zitat ist korrekt, wenn es auch im Kontext anders klingt. Das zweite ist frei erfunden.“ Allerdings schrieb Francis Bacon in seinem „Novum Organum“: „Der Mensch, als Diener und Erklärer der Natur, wirkt und weiß nur so viel, als er von der Ordnung der Natur durch die Sache oder seinen Geist beobachtet hat; mehr weiß und vermag er nicht.“

Francis Bacon war der geborene Wissenschaftler

Schon als Kind galt Francis Bacon als brillant. Im Alter von zwölf Jahren studierte er in Cambridge, was damals, als die Universitäten im Wesentlichen eine Aufbewahrungsanstalt für Pubertierende aus guter Familie war, allerdings nicht unbedingt nur auf intellektuelle Leistungen schließen ließ. Philipp Blom fügt hinzu: „Bacon aber war für das Leben eines Wissenschaftlers geboren – schon mehrere Jahrzehnte, bevor Wissenschaft auch durch ihn als Methode und als akademische Disziplin erfunden wurde.“

Francis Bacons Karriere als Rechtsanwalt, Parlamentsabgeordneter, Höfling und professioneller Politiker ist Stoff für historische Dramen. Philipp Blom erläutert: „Sie beinhalten Mordkomplotte, spektakuläre Gerichtsprozesse und höchste politische Ämter und kumulierte in seiner Verurteilung wegen Korruption und seinem Rückzug aus dem politischen Leben, der ihm endlich die Zeit gab, sich wieder seinen wissenschaftlichen und schriftstellerischen Interessen zuzuwenden.“ Quelle: „Die Unterwerfung“ von Philipp Blom

Von Hans Klumbies