Michael J. Sandel stellt sich die Frage, ob es Dinge gibt, die für Geld nicht zu kaufen sein sollten. Die meisten Menschen vertreten die Ansicht, dass es solche Dinge sehr wohl gibt. Als Beispiel nennt Michael J. Sandel die Freundschaft. Die wenigsten Menschen haben schon einmal daran gedacht, sich Freunde zu kaufen. Denn ein angeheuerter Freund ist nicht dasselbe wie ein echter. Michael J. Sandel schreibt: „Irgendwie scheint das Geld, mit dem Freundschaft erkauft wird, diese aufzulösen oder sie in etwas anderes zu verwandeln.“ Als zweites Beispiel nennt Michael J. Sandel den Kauf einer menschlichen Niere. Manchen Menschen befürworten den Handel mit Organen, andere finden solche Märkte moralisch verwerflich. Michael J. Sandel ist politischer Philosoph, der in Oxford studiert hat und seit 1980 in Harvard lehrt. Seine Vorlesungen über Gerechtigkeit machten ihn zu einem der bekanntesten Moralphilosophen der Gegenwart.
Zur Adoption freigegebene Babys sollten versteigert werden
Fall es ein Unrecht ist, eine Niere zu kaufen, liegt das Problem laut Michael J. Sandel nicht darin, dass Geld das Gut zum Verschwinden bringt, denn die Niere wird ihre Funktion erfüllen, ob sie nun gekauft wurde oder nicht. Michael J. Sandel fügt hinzu: „Um bestimmen zu können, ob Nieren käuflich sein sollten oder nicht, müssen wir die Argumente für und gegen Organverkäufe prüfen und feststellen, welche davon überzeugender sind.“ Als weiteres Beispiel nennt Michael J. Sandel den Verkauf von Babys.
Der amerikanische Richter Richard Posner, ein führender Vertreter der Law and Economics-Bewegung machte vor einigen Jahren den Vorschlag, zur Adoption freigegebene Babys zu versteigern. Der Richter gab zwar zu, dass attraktivere Babys dabei höhere Preise erzielen würden als weniger attraktive, meinte jedoch, der freie Markt sei im Ganzen und Großen besser dazu geeignet, Babys zu vermitteln, als das herkömmliche Verfahren der Adoption. Viele Menschen lehnen diese Idee strikt ab und vertreten die Auffassung, dass Kinder nicht gehandelt werden dürfen, selbst wenn dies effizienter wäre.
Auf den ersten Blick scheint es zwei Arten von Gütern zu geben
Es lohnt sich allerdings für Michael J. Sandel festzuhalten, dass auch der Handel mit Babys das Gut, das die Käufer erwerben möchten, nicht zum Verschwinden bringt. Michael J. Sandel ergänzt: „In dieser Hinsicht unterscheidet sich ein gekauftes Baby von einem gekauften Freund oder Nobelpreis. Gäbe es einen Markt für Adoptivbabys, würden die Leute, die den gängigen Preis bezahlt haben, das Gewünschte auch bekommen: ein Kind.“ Ob ein solcher Markt moralisch einwandfrei ist, steht für Michael J. Sandel damit freilich noch lange nicht fest.
Nach Michael J. Sandel scheint es auf den ersten Blick zwei Arten von Gütern zu geben: all das, was man für Geld nicht kaufen kann wie Freunde, und das was käuflich ist, aber nicht käuflich sein sollte wie Nieren und Kinder. Michael J. Sandel meint allerdings, dass diese Unterscheidung weniger klar ist, als es zunächst scheint. Bei genauerer Betrachtung kann man seiner Meinung nach einen Zusammenhang zwischen den Fällen erkennen, wo das geflossene Geld das gekaufte Gut offensichtlich entwertet, und den Fällen, in denen das Gut den Kaufakt überlebt, aber vielleicht entwürdigt, korrumpiert oder gemindert wird.
Von Hans Klumbies