Menschen stehen zu Dingen in Wertbeziehungen

Vieles ist für einen Menschen schon deshalb so werthaltig, weil er es gemacht hat. Selbst gemalte Bilder und selbst gemachte Erfahrungen ziehen ihren ganz besonderen Wert aus der eigenen Subjektivität, die in ihnen steckt. Richard David Precht ergänzt: „Und etwas ganz besonders gut gemacht zu haben hebt sowohl meinen Selbstwert als auch den Wert der Tätigkeit.“ Dass Menschen zu den Dingen ihrer Welt in „Wertbeziehungen“ stehen, war das Lebensthema des Phänomenologen Max Scheler. Für ihn war das Empfinden von Werten ebenso natürlich gegeben wie das Sehen von Farben. Ob Werte oder Farben, wenn man sie sinnlich empfindet, hat man nicht die Wahl, sie nicht zu fühlen. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

Max Scheler stellt eine Rangordnung der Werte auf

Für Max Scheler gibt es sogar eine natürliche Rangordnung der Werte. Auf unterster Ebene hat man es mit sinnlichem Fühlen zu tun und unterscheidet das Angenehme vom Unangenehmen. Eine Stufe höher unterscheidet Max Scheler die „Lebenswerte“, das Edle und das Gemeine. Und darüber steht das geistig Gefühlte, das Schöne und Hässliche, Recht und Unrecht sowie das Heilige. Dass diese Unterscheidungen in allen menschlichen Kulturen getroffen werden, bestätigen heute Anthropologen und Ethnologen.

Überall auf der Welt schätzt man positive Werte höher als negative. Ob Werte objektiv vorhanden sind, darüber kann man streiten. Nicht aber darüber, dass sie für Menschen von allergrößter Bedeutung sind. Doch selbst wenn die Grundwerte kulturübergreifend meist die gleichen sind, so sagt das noch nichts darüber aus, was genau man selbst als schön oder gerecht empfindet. Für den einen sind Pablo Picassos Werke schön, für den anderen überhaupt nicht.

Werte sind nicht programmierbar

Der eine findet es gerecht, wenn jeder das Gleiche bekommt, die andere, wenn jeder eine gerechte Chance darauf hat, zu Seinem zu kommen. Selbst wenn die Unterschiede bei dem, was man bekommt, gewaltig sind. Werte mögen ähnlich oder sogar gleich sein, es bleibt immer ein erheblicher persönlicher und kultureller Spielraum. Gerade deshalb sind Werte nicht programmierbar. Jedenfalls nicht, wenn die persönliche Freiheit der Menschen auf dem Niveau erhalten bleiben soll, wie man es heute in der westlichen Kultur kennt.

Wenn Menschen das, was sie erleben, unweigerlich wertschätzen oder links liegen lassen, dann hat das große Folgen für ihr Handeln. Menschen sortieren ihre Umwelt nicht logisch, sondern sie streben nach Gemütszuständen. Nach etwas zu streben wie Pflanzen zum Licht bestimmt die Menschen nicht nur als Spezies Homo sapiens. Richard David Precht erläutert: „Es unterscheidet uns auch in unserem Charakter. Ob wir eher darauf aus sind, viel Lust zu gewinnen oder tunlichst Leid zu vermeiden, ist keine Frage objektiver Lebensrisiken und Statistiken.“ Quelle: „Künstliche Intelligenz“ von Richard David Precht

Von Hans Klumbies

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