Markus Hengstschläger weist in seinem Buch „Die Durchschnittsfalle“ auf Forschungsergebnisse von Anders Ericsson hin, der beginnend in den 1990er Jahren empirisch seriös zeigen konnte, dass hervorragende Leistungen im Sinne von Erfolg des Menschen ohne langjähriges Lernen und Üben unmöglich sind. Markus Hengstschläger bestreitet nicht den Wahrheitsgehalt dieses Ergebnisses, dennoch muss seiner Meinung nach die Frage erlaubt sein, inwieweit daraus der sehr oft über das Ziel hinausschießende Schluss gezogen werden darf, dass Gene überhaupt keine Rolle spielen. Mit 16 Jahren war Markus Hengstschläger als Punk unterwegs. Mit 24 Jahren promovierte er zum Doktor der Genetik und 35-jährig zum jüngsten Universitätsprofessor für Medizinische Genetik berufen.
Der Mensch ist das Produkt der Wechselwirkung zwischen Genetik und Umwelt
Die große Bedeutung der Umwelt, der glücklichen Umstände und des Übens für die Erbringung besondere Leistungen bestreite Markus Hengstschläger nicht. Er schreibt: „Der Mensch mit all seinen besonderen Eigenschaften und Leistungen ist niemals und bei nichts auf seine Gene reduzierbar. Jede besondere Leistungsvoraussetzung wird erst durch die harte Arbeit, sie zu entdecken und umzusetzen, zu einer besonderen Leistung.“ Daraus darf man allerdings nicht schließen, dass genetische Anlagen überhaupt keine Rolle für die Erbringung von besonderen Leistungen spielen.
Der Mensch mit all seinen Eigenschaften und Leistungen ist für Markus Hengstschläger das Produkt der Wechselwirkung zwischen Genetik und Umwelt. Der Professor für Medizinische Genetik kritisiert Autoren, die schreiben, dass Talent erlernbar sei, ohne dabei aber zu definieren, was sie überhaupt unter dem Begriff Talent verstehen. Markus Hengstschläger stellt fest: „Buchstatements wie etwa „Talent wird oft grenzenlos überschätzt“ zeigen diese Problematik klar auf. Diese Statements können mit Talent wohl nur den genetischen angeborenen einer besonderen Leistung meinen.“
Talent sind die besonderen individuellen genetisch mitbestimmten Leistungsvoraussetzungen
Wenn Autoren schreiben, dass Talent erlernbar ist, stellt das für Markus Hengstschläger allerdings einen Widerspruch dar. Er selbst verwendet in seinem Buch „Die Durchschnittsfalle“ das Wort Talent oder Begabung vorwiegend für die besonderen individuellen genetisch mitbestimmten Leistungsvoraussetzungen. Markus Hengstschläger fügt hinzu: „Die Erfolg ist für mich die besondere Leistung, die durch harte Arbeit daraus entstehen kann.“
Genetik und Umwelt hängen laut Markus Hengstschläger vollkommen untrennbar zusammen. Die Gene und die Umwelt beeinflussen das Leben der Menschen. Der Professor für Medizinische Genetik ergänzt: „Und die Umwelt beeinflusst auch die Verwendung unseres genetischen Repertoires, welche Gene wir verwenden und welche wir ausschalten (ob vorübergehend oder langfristig). Anderseits ist auch klar, die Umwelt kann zwar epigenetisch ein- und ausschalten, aber auch nur das, was genetisch in der individuellen DNA-Sequenz jedes Einzelnen vorhanden ist.“
Von Hans Klumbies