Markus Gabriel erklärt die Zusammensetzung der Welt

Für Markus Gabriel ist eine Unterscheidung zwischen Universum und Welt zwingend notwendig. Im Alltag verwenden die Menschen den Begriff Welt für die Erde, für den Planeten, auf dem sie leben. Die meisten Menschen neigen von Natur aus erst einmal dazu, die Welt mit der Gesamtheit aller vorhandenen Gegenstände zu identifizieren. Doch damit es eine solche Gesamtheit geben kann, muss es für Markus Gabriel eine Art Regel oder ein Gesetz geben, das diese Einheit zusammenhält. Markus Gabriel erklärt dies an einem Beispiel: „Die Welt der Römer ist nicht einfach nur die Gesamtheit ihrer Gegenstände, die es damals im Imperium Romanum gab, sondern auch ihr Verhältnis zueinander und eine bestimmte Art und Weise, mit diesen Gegenständen umzugehen, also die römische Kultur, ihre Sitten und Gebräuche.“ Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie an der Universität Bonn inne. Er ist Deutschlands jüngster Philosophieprofessor. Außerdem leitet er das Internationale Zentrum für Philosophie in Bonn.

Tatsachen sind für die Welt ebenso wichtig wie Dinge oder Gegenstände

Für Ludwig Wittgenstein ist die Welt alles, was der Fall ist und zudem die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge. Eine Tatsache ist etwas, das über etwas wahr ist. Tatsachen sind laut Markus Gabriel für die Welt mindestens so wichtig wie Dinge oder Gegenstände. Eine Welt ohne Tatsachen gibt es nicht. Markus Gabriel fügt hinzu: „Es gibt nicht einmal nichts, ohne das es eine Tatsache wäre, dass es nichts gibt.“ Das Nichts gibt es nicht. Immer ist irgendetwas der Fall, immer ist irgendetwas wahr über irgendetwas.

Den Tatsachen können laut Markus Gabriel nichts und niemand entrinnen. Eine Welt ohne Dinge ist seiner Meinung nach hingegen leicht denkbar. In der Welt gibt es nicht nur Dinge, Gegenstände und Tatsachen, sondern auch noch Gegenstandsbereiche. Markus Gabriel erläutert: „Die Welt ist ein Bereich von Bereichen, der Gegenstandsbereich, der alle Gegenstandsbereiche beheimatet.“ Es gibt mehrere Gegenstandsbereiche, die sich teilweise gegenseitig ausschließen, teilweise aber auch auf verschiedene Weisen einschließen.

Vermeintlich reale Gegenstandsbereiche können sich als Illusionen erweisen

Die Tatsachen sind für Markus Gabriel nicht alle gleich. Vielmehr ist der Boden der Tatsachen in Gegenstandsbereiche eingeteilt und er hat Strukturen, die in Regionen unterteilt sind, in sogenannte ontologische Provinzen. Viele Gegenstände, vielleicht sogar alle, sind aus anderen Gegenständen zusammengesetzt. Manche Dinge lassen sich umsortieren und ihre Grenzen sind oftmals unscharf. Viele vermeintlich reale Gegenstandsbereiche erweisen sich bei näherer Betrachtung als Illusionen oder menschliche Projektionen.

Markus Gabriel vertritt die These, dass der Mensch dazu bereit sein muss, unter bestimmten Bedingungen, Gegenstandsbereiche aus seinem Weltbild herauszustreichen und nennt diesen Vorgang ontologische Reduktion. Markus Gabriel erläutert: „Eine ontologische Reduktion nimmt man vor, wenn man entdeckt, dass ein scheinbarer Gegenstandsbereich lediglich ein Redebereich ist, dass es sich – mit einem Wort – bei einem scheinbar objektiven Diskurs um Geschwätz handelt.“

Von Hans Klumbies