Männer wollen ihre Krankheiten nicht wahrhaben

Die Gesundheitsforschung hat das Thema Mann entdeckt. Männer erkranken unter anderem daran, dass sie falsche Erwartungen an ihr Rollenbild haben und ihre eigenen Leiden einfach nicht wahrhaben wollen. Das sind die Ergebnisse des Ersten Deutschen Männergesundheitsberichts, den die Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit und die Stiftung Männergesundheit veröffentlicht hat. Anne Maria Möller-Leimkühler, leitende Sozialwissenschaftlerin der Klinik für Psychiatrie am Klinikum der Universität München und eine der Autorinnen der Studie, erklärt: „Männer sind gesundheitswissenschaftlich, gesundheits- und sozialpolitisch, aber auch sozialpädagogisch das weitgehend vernachlässigte Geschlecht.“ Vor allem der Lebensstil der Männer wirkt sich negativ auf deren Gesundheit aus.

Gicht, Altersdiabetes und starkes Übergewicht sind typische Männerkrankheiten

Erhebungen der Deutschen Krankenversicherung (DKV) belegen, dass Männer deutlich häufiger als Frauen von Krankheiten betroffen sind, die auf fehlerhafte Ernährung zurückzuführen sind. Das Risiko, an Gicht zu erkranken, liegt zum Beispiel bei Männern um 382 Prozent über dem des weiblichen Geschlechts. Von der Altersdiabetes sind 59 Prozent mehr Männer als Frauen betroffen. Unter starkem Übergewicht leiden 33 Prozent mehr Männer als Frauen.

Andreas Kottmeier, Leiter des strategischen Gesundheitsmanagement bei der DKV, doziert: „Besonders ab dem 45. Lebensjahr steigt die Fettleibigkeit unter Männern deutlich an.“ Im Alter zwischen 40 und 50 Jahren erleiden Männer fünfmal häufiger einen Herzinfarkt als Frauen. Dies ist einer der Gründe, warum Männer nicht so alt werden wie die Frauen. Im Ersten Deutschen Männergesundheitsbericht steht: „Es spricht viel dafür, dass das höhere Erkrankungsrisiko der Männer nicht nur mit genetischen Unterschieden, sondern auch mit ihrem Gesundheitsverhalten zu tun hat.

Die labile Psyche der Männer

Die Studie zeigt auch, dass Männer oft zu fett und deutlich mehr Fleisch als Frauen konsumieren. Außerdem rauchen sie mehr und trinken häufiger Alkohol. Doch nicht nur der Körper der Männer ist von typischen Krankheiten betroffen, auch die Psyche des starken Geschlechts gerät mehr und mehr unter Druck. Die Sozialwissenschaftlerin Möller-Leimkühler erklärt: „Entgegen allgemeiner Auffassung leiden Männer nicht seltener an psychischen Störungen als Frauen.“

Alkohol- und Drogenabhängigkeit, Persönlichkeitsstörungen, Gewalttaten und Selbstmord gehören zu den typischen nach außen gerichteten Störungen der Psyche. Möller-Leimkühler ergänzt: „Die Selbstmordrate der Männer übersteigt die der Frauen mindestens um das Dreifache.“ Zu den Ergebnissen der Studie zählt auch, dass vor allem junge Männer immer häufiger unter Depressionen litten. Diese Gruppe sei besonders stark suizidgefährdet.

Der deutsche Mann krankt an überkommenen Rollenvorstellungen

Die meisten Männer glauben immer noch, sich keine Krankheiten leisten zu können. Sie befürchten als Schwächlinge gebrandmarkt zu werden, wenn sie sich schwach oder erschöpft zeigen. Ihre Leistungskraft und ihre gesellschaftliche Rolle als starkes Geschlecht könnte in Frage gestellt werden. Sie wollen die gesundheitlichen Warnsignale ihres Körpers einfach nicht wahrnehmen und gehen zu spät oder überhaupt nicht zum Arzt.

Elmar Brähler, Leiter der Abteilung für medizinische Psychologie und medizinische Soziologie der Universität Leipzig, bestätigt diese Studienbefunde: „Während Frauen evolutionsbiologisch darauf festgelegt sind, sich möglichst gesund zu erhalten, überspielen Männer ihre gesundheitlichen Schwächen eher. Männer investieren lieben in die Instandhaltung ihres Autos als in die eigene Gesundheit.“

Von Hans Klumbies