Der Dreißigjährige Krieg verwüstete das Reich

Das Heilige Römische Reich deutscher Nation war im 17. Jahrhundert nur noch ein brüchiges Gebilde, gefährdet von innen und außen. Während sich Frankreich zu einem territorialen Einheitsstaat entwickelte, erlebte das Reich mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) einen entscheidenden politischen und ökonomischen Rückschlag. Samuel Pufendorf, Professor für Naturrecht und Politik, beschreibt den Zustand des Reichs nach dem Westfälischen Frieden präzise: „Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als das deutsche Reich, wenn man es nach den Regeln der Wissenschaft von der Politik klassifizieren will, einen irregulären und einem Monstrum ähnlichen Körper zu nennen, der sich im Laufe der Zeit durch die fahrlässige Gefälligkeit des Kaisers, durch den Ehrgeiz der Fürsten und durch die Machenschaften der Geistlichen aus einer regulären Monarchie zu einer so disharmonischen Staatsform entwickelt hat, dass es nicht mehr eine beschränkte Monarchie, wenngleich der äußere Schein dafür spricht, aber noch nicht eine Föderation mehrerer Staaten ist, vielmehr ein Mittelding zwischen beiden.“

Vor allem die Pest dezimierte die Bevölkerung

Samuel Pufendorf fährt fort: „Dieser Zustand ist die dauernde Quelle für die tödliche Krankheit und die inneren Umwälzungen des Reiches, da auf der einen Seite der Kaiser nach der Wiederherstellung der monarchischen Herrschaft, auf der anderen die Stände nach völliger Freiheit streben.“ Der Dreißigjährige Krieg hinterließ ein verwüstetes Land, wenn auch die verschiedenen Landschaften in unterschiedlicher Härte und Dauer betroffen waren. Die Bevölkerung im Reich ging von etwa 15 bis 17 Millionen vor dem Krieg auf 10 bis 11 Millionen Menschen im Jahr 1648 zurück, obwohl die unmittelbaren Kriegsverluste relativ gering waren.

Weder war die Anzahl der Gefallenen in Schlachten besonders groß, noch kann man die Übergriffe auf die Zivilbevölkerung für den bedeutenden Bevölkerungsverlust verantwortlich machen. Es war vor allem die Pest, die die Bevölkerung dezimierte; dabei verstärkten die Kriegsbedingungen ihre Auswirkungen entscheidend. Es dauerte bis in das 18. Jahrhundert hinein, ehe die Bevölkerungsverluste ausgeglichen und der Stand der Vorkriegszeit wieder erreicht wurde. Auch die wirtschaftliche Erholung ging nur langsam vonstatten.

Absolutismus in Deutschland bedeutete Territorialabsolutismus

Denn die Nachkriegszeit begann mit einer Agrarkrise und einer Depression von Handel und Gewerbe, die erst gegen Ende des Jahrhunderts überwunden wurde. Schon um die eigenen Einnahmen und damit die eigene Macht zu stärken, griffen die Staaten beziehungsweise ihre Herrscher aktiv in das Wirtschaftsgeschehen ein. Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges waren die reichsabsolutistischen Bestrebungen in Deutschland endgültig gescheitert. Absolutismus in Deutschland bedeutete Territorialabsolutismus.

Die Territorien verschafften sich durch die Schwächung der zentralen Reichsgewalt neue Befugnisse, betrieben die Intensivierung der eigenen Regierungstätigkeit und schränkten nach Möglichkeit die Rechte der Landstände ein, das heißt Landtage wurden nicht mehr einberufen, willkürliche Steuern erhoben, alte Privilegien aufgehoben, religiöser Zwang ausgeübt. Dieses Vorgehen richtete sich nicht nur gegen den Adel, sondern ebenso gegen die Städte, die mehr oder weniger gewaltsam von den Landesherren unterworfen wurden. Quelle: „Deutsche Literaturgeschichte“ aus dem Verlag J. B. Metzler

Von Hans Klumbies