In einer Demokratie können Teile der Eliten ausgetauscht werden

Es gehört mittlerweile zum guten Ton, angesichts von Brexit, Donald Trump, Marine Le Pen, der Krise der Europäischen Union (EU) und dem Aufstieg autoritärer Bewegungen vom Versagen der politischen, aber auch der intellektuellen Eliten zu sprechen. Nun, diese Rede ist aus mehreren Gründen verräterisch. Konrad Paul Liessmann erläutert: „Auf wesentliche Teile der etablierten Eliten trifft sie nämlich gar nicht zu, diese sympathisieren ohnehin mit dem Brexit oder sitzen nun in Donald Trumps Regierung.“ Auch ist es ein wenig seltsam, gleich von einem Versagen der Eliten zu sprechen, wenn Wahlergebnisse nicht den eigenen politischen Präferenzen entsprechen. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

Bei den Eliten handelt es sich um eine Auslese der Besten und Fähigsten

Allmählich sollte es sich herumgesprochen haben, dass eine Demokratie sich auch dadurch auszeichnet, dass oppositionelle Kräfte welcher Art auch immer in einem gesetzlich vorgegebenen Rahmen die Möglichkeit haben, Wahlen zu gewinnen und damit politische Verantwortung zu übernehmen. Das kann unangenehm sein, aber weder fällt eine Gesellschaft deshalb auseinander, noch droht gleich die Herrschaft des Pöbels. In einer Demokratie können auch Teile der Eliten ausgetauscht werden, ohne dass diese deshalb gleich zusammenbrechen muss.

Aber es ist reizvoll, einmal prinzipiell darüber nachzudenken, unter welchen Bedingungen Eliten versagen können. Man wird dieses Versagen nicht nur auf die je eigene Interessen- und Klientelpolitik beziehen können, sondern auf die Verfasstheit der Gesellschaft überhaupt. Eine besondere Pointe besteht darin, dass eine Elite, die versagt, aufhört, eine Elite zu sein. Denn der Anspruch auf Macht und Privilegien kann nur dadurch gerechtfertigt werden, dass es sich um eine Auslese der Besten und Fähigsten handelt. Scheitern diese, waren sie wohl nicht gut genug.

Menschen mit Macht sind anfällig für Korruption

Konrad Paul Liessmann schreibt: „Am Status der Elite festzuhalten hinterlässt deshalb oft den unangenehmen Eindruck, dass es nur um Macht und Privilegien geht und nicht um jene Verantwortung, die diese erst rechtfertigt.“ Tröstlich ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Kritiker dieser Eliten, sollten sie Erfolg haben, demselben Mechanismus verfallen werden. Dass Macht korrumpiert, wusste schon Platon. Deshalb ist es erstaunlich, dass man bei jedem einschlägigen Skandal so tut, als geschähe dies zum ersten Mal.

Dass auch die Intellektuellen versagt haben, stimmt allerdings nicht. Denn Intellektuelle können gar nicht versagen, wie sie nichts zu tun haben. Intellektuelle, das ergibt sich schon aus dieser Bezeichnung, sollen nicht handeln, sondern denken. Oft genug ist ihnen dies zum Vorwurf gemacht worden und hat sie dazu verführt, sie zu engagieren, Partei zu ergreifen, Empfehlungen abzugeben und Forderungen zu unterschreiben. Wann immer sie durch solche Aktivitäten reüssieren konnten, war es danach meistens schlimmer als zuvor. Quelle: „Bildung als Provokation“ von Konrad Paul Liessmann

Von Hans Klumbies