So lebten Knaben und Jünglinge in der Antike

Knaben und Jünglinge wuchsen in der Antike in einem gleichgeschlechtlichen Umfeld auf. In der klassischen Zeit durchliefen sie als Bürgersöhne ab dem siebten Lebensjahr ein körperlich-sportliches Training und erhielten in Athen ab dem 18. Lebensjahr eine militärische Ausbildung. Franz X. Eder ergänzt: „Ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. wurden private Schulen errichtet, in denen neben Gymnastik und Sport auch Lesen und Schreiben sowie Poetik, Tanz und Literatur auf dem Lehrplan standen.“ Nach dem 20. Lebensjahr nahmen die Männer am Leben der Polis teil und arbeiteten sich in Berufsfelder, etwa in öffentliche Ämter, ein. Höhere Bildung in Philosophie, Medizin, Literatur und Rhetorik konnte man in größeren Städten wie Alexandria, Athen, Ephesos und Pergamon erwerben. Franz X. Eder ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien.

Loyale Bürger sorgten für das Wohlergehen des Gemeinwesens

Männlichkeit zeigte der erwachsene Mann dann nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch als gebildeter und loyaler Bürger, der für das Wohlergehen des Gemeinwesens sorgte, seine Ehre und die seines Hauses beschützte, seine Begierden und Gelüste unter Kontrolle hielt und sich vom Verstand leiten ließ. Wenn sie diese männliche Agenda erfüllen konnten, heirateten freie Männer im durchschnittlichen Alter von 30 Jahren und hatten nicht nur für den Nachwuchs und das väterliche Erbe zu sorgen, sondern auch für den sexuellen Schutz der Mitglieder des Hauses.

Schon zuvor konnten sie allerdings sexuelle Erfahrungen mit Sklavinnen und Prostituierten sammeln. Junge Männer, die sich zu früh und zu offenkundig für die Töchter freier Bürger interessierten, galten jedoch als bedrohliche und unsittliche Personen. Überbordendes sexuelles Verlangen und Agieren wurden als problematisch und unmännlich eingestuft, da man sich einer übermächtigen Begierde auslieferte. Zu den wichtigsten Eigenschaften des waffenfähigen Bürgers zählte hingegen, in jeder Situation standhaft zu bleiben und Widerstand leisten zu können.

Masturbieren war in der Antike durchaus üblich

Gleichzeitig sollte ein freier Mann auch sexuell potent sein. Eine Schwächung der sexuellen Potenz, etwa durch exzessives Masturbieren, war deshalb ein wiederkehrendes Thema in der griechischen Literatur. In Maßen betrieben, galt es als unproblematisch und war durchaus üblich. Bei Frauen konnte es nach hippokratischen Vorstellungen sogar therapeutischen Zwecken dienen und überschüssigen und angestauten „Samen“ abführen. Allerdings ließen sich auf diesem „künstlichen“ Wege nie die Effekt des männlichen Lebenssaftes erzielen.

Diogenes von Sinope (412/403 – 324/321 v. Chr.) wies durch angeblich öffentliches Maturbieren darauf hin, dass für das sexuelle Erleben nicht unbedingt eine zweite Person notwendig war. Andere Autoren forderten hingegen, dass Eheleute nicht nur sexuelle Beziehungen pflegten, sondern auch sonst miteinander kommunizierten und zumindest einen oder mehrere Bereiche ihrer Lebenswelt teilten. Sexuelle Handlungen, welche die Rechtsgüter und insbesondere die Ehre des freien Bürgers und seine Herrschaft über das Haus verletzten oder untergruben, galten als schändliche Ehrverletzung. Quelle: „Eros, Wollust, Sünde“ von Franz X. Eder

Von Hans Klumbies