Kluger Umgang mit Geld lässt sich in den Casinos von Las Vegas beobachten

Eines der besten Beispiele für den klugen Umgang mit Geld lässt sich überraschenderweise in den Casinos von Las Vegas beobachten – wenn auch nicht bei allen Spielern, sondern bei der kleinen Gruppe der Kartenzähler. Morgan Housel erklärt: „Das Prinzip des Kartenzählens beim Black Jack – alias 17 und 4) ist ganz einfach: Niemand weiß mit Sicherheit, welche Karte der Geber als Nächstes zieht. Doch wer sich merkt, welche Karten schon gegeben wurden, weiß auch, welche Karten noch im Spiel sind.“ Dadurch lässt sich die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der eine bestimmte Karte vom Geber gezogen wird. Als Spieler setzt man mehr, wenn die Wahrscheinlichkeit für eine günstige Karte hoch ist, und weniger, wenn sie niedrig ist. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.

Ungewissheit gehört schlicht zum Leben

Wie man dabei genau vorgeht, spielt hier keine Rolle. Was zählt: Ein Kartenzähler ist sich bewusst, mit Wahrscheinlichkeiten zu tun zu haben, nicht mit Gewissheiten. Morgan Housel ergänzt: „Mit jedem gegebenen Blatt kennt er seine Gewinnchance, was umgekehrt bedeutet, dass er auch genau weiß, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Sache schiefgeht.“ Das mag für einen Berufsspieler merkwürdig klingen, aber seine Strategie beruht schlicht auf Demut – Demut, dass er nicht weiß und gar nicht wissen kann, was als Nächstes passiert.

Entsprechend spielt er. Das Kartenzählen funktioniert, weil es die Gewinnchance des Spielers gegenüber dem Haus geringfügig erhöht. Setzt er aber bei einer guten Chance zu viel und verliert, hat er vielleicht kein Geld mehr, um weiterzumachen. Morgan Housel rät: „Daher ist es klug, Sicherheitspuffer einzuplanen und damit anzuerkennen, dass Ungewissheit, Zufall und Risiko – „Unbekannte“ – schlicht zum Leben dazugehören.“ Die einzige Art des Umgangs besteht darin, dem Puffer zwischen dem zu vergrößern, was der eigenen Ansicht nach passieren kann, und dem, was passieren darf, damit man überlebt und weitermachen kann.

Präzise Vorhersagen sind schwierig

Benjamin Graham wurde für sein Konzept der Sicherheitsmarge bekannt. Ausführlich und bis in mathematische Details hat er sich darüber ausgelassen. Doch Morgan Housels Lieblingszusammenfassung lieferte er in einem Interview: „Der Zweck der Sicherheitsmarge besteht darin, die Vorhersage unnötig zu machen.“ Morgan Housel kann kaum genug betonen, welche Macht in diesem kurzen Satz steckt. Mit einer Sicherheitsmarge – auch Puffer oder Redundanz – zu operieren, ist die einzig effektive Methode in einer von Wahrscheinlichkeiten und nicht von Gewissheiten geprägten Welt.

Nahezu alles Finanzielle spielt sich in einer solchen Welt ab. Präzise Vorhersagen sind schwierig. Morgan Housel erläutert: „Für den Kartenzähler liegt diese Wahrheit auf der Hand, denn prinzipiell kann niemand wissen, wo eine bestimmte Karte in einem gemischten Stapel liegt.“ Weniger offensichtlich ist es für jemanden, der fragt: „Wie hoch wird die durchschnittliche Rendite des Aktienmarkts in den nächsten zehn Jahren liegen?“ Im Prinzip läuft diese Fragestellung auf das Gleiche hinaus. Uns bleibt nichts Besseres, als in Wahrscheinlichkeiten zu denken. Quelle: „Über die Psychologie des Geldes“ von Morgan Housel

Von Hans Klumbies