Das Grundgesetz garantiert das Recht auf Widerstand

Das neue Buch „Zivilcourage“ von Klaus-Peter Hufer handelt vom Mut zu Widerspruch und Widerstand. Zu Beginn nähert sich der Autor der Bedeutung des Wortes an, indem er das inhaltliche und begriffliche Feld definiert. Das Recht auf Widerstand ist ausdrücklicher Bestandteil des Grundgesetzes der Bundesrepublik. Folgendes Zitat von Kurt Tucholsky macht deutlich, dass es schon einer erheblichen Stärke bedarf, eine eigene, nicht allseits gebilligte Meinung zu haben und zu vertreten: „Denn nichts ist schwieriger und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein.“ Wobei der Alltag viele konkrete Möglichkeiten bietet, Mut zu zeigen, „Nein“ zu sagen, beispielsweise um Menschen in Bedrängnis beizustehen. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

Pflicht und Gehorsam behindern die Zivilcourage

Üblicherweise wird zivilcouragiertem Handeln hohe moralische Qualität bescheinigt. Das Vorbild eines zivilcouragierten Einsatzes von Menschen mit der Fähigkeit zur Empathie, könnte vielleicht sogar dafür sorgen, dass andere davon beeindruckt sind und selbst Empathie entwickeln. Gehandelt werden muss, wenn Menschen bedrängt sind oder sie um ihre Rechte gebracht werden. Aus welchem Beweggrund auch immer das geschieht. Wer nicht handelt macht sich (mit)schuldig. Die Schriftsteller Erich Kästner bringt diese Aussage so auf den Punkt: „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

Im dritten Kapitel beschäftigt sich Klaus-Peter Hufer mit der Frage was Zivilcourage verhindert, obwohl es zahlreiche Gründe gäbe, sie zu zeigen. Der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen für Opfer von Gewalt und/oder Diktatur stehen zwei mächtige Widersacher gegenüber: Pflicht und Gehorsam. Gravierend kommt hinzu, dass diejenigen mit Sanktionen zu rechnen haben, die „ungehorsam“ sind oder sich der ihnen auferlegten Pflichten widersetzen.

Zivilcourage kann man lernen

Kann man Zivilcourage lernen? Ja, sagt der Pädagoge Kurt Singer. Man muss hinschauen, statt wegschauen und die Angst annehmen. Zudem sollte man sozialen Mut üben und sich gewaltfrei auseinandersetzen. Schlussendlich gilt es, haltgebende Ideen, emotionale und moralische Kräfte zu stärken. Wo kann man das lernen? Klaus-Peter Hufer antwortet: „Fest steht und empirisch bestätigt ist, dass frühe Erfahrungen in Familie und Erziehung eine wesentliche Rolle spielen.“ Kinder sollten ihre Gefühle frei ausdrücken, ihre Meinung offen sagen oder Kritik üben können.

Letztendlich geht es bei Zivilcourage immer auch um die Bewahrung und Verteidigung einer zivilen, humanen, offenen und demokratischen Gesellschaft. Demokratie ist kein Naturgesetz. Sie muss immer verteidigt und manchmal sogar gerettet werden. Dabei geht es auch um die Verteidigung einer Lebensform, und nicht nur darum, wer gerade regiert. Zahleiche Studien belegen, dass es den Menschen besser geht, je gerechter die Gesellschaft ist in der sie leben. Klaus-Peter Hufer beschließt sein hochaktuelles Buch mit einem Zitat der italienischen Schriftstellerin und Journalistin Franca Magnani: „Je mehr Bürger mit Zivilcourage ein Land hat, desto weniger Helden wird es einmal brauchen.“

Zivilcourage
Mut zu Widerspruch und Widerstand
Klaus-Peter Hufer
Verlag: Edition Konturen
Gebundene Ausgabe: 192 Seiten, Auflage: 2020
ISBN: 978-3-902968-49-4, 24,80 Euro

Von Hans Klumbies