Widerständler berufen sich auf höhere Werte

Es bildet sich immer wieder Widerstand gegen ein Herrschaftsregime beziehungsweise Staatssystem, das Menschen aus moralischen Gründen ablehnen oder als illegitim oder gar illegal ansehen. Klaus-Peter Hufer ergänzt: „Das Ziel ist, die Obrigkeit, die Machthaber, die Usurpatoren des Systems abzuschaffen und eine Neuordnung herbeizuführen.“ Das positive, also gesetzte Recht lehnen Widerständler unter Berufung auf höhere Werte ab, Loyalität zum Regime lehnen sie ebenfalls ab. Der Aufruf zum Widerstand kann man mit hohen moralischen Werten und ethischen Prinzipien begründen. Aber nicht jeder, der „Widerstand“ ruft, sehnt sich nach einer liberalen und demokratischen Gesellschaft. Zum Widerstand fordern auch jene auf, die gegen eine solche Gesellschaft sind und sie bekämpfen. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

Alle Menschen sehnen sich nach Gerechtigkeit

So reklamiert beispielsweise die rechtspopulistische und in Teilen auch rechtsextreme AfD für das Recht zum Widerstand. AfD-Vertreter beziehen sich mit ihren rassistischen und fremdenfeindlichen Parolen auf den Widerstand des 20. Juli. Sie missbrauchen damit diesen Widerstand und instrumentalisieren ihn. „Widerstand“ wird auch in kleinerer Münze gehandelt. Zum Beispiel, indem man Widerspruch gegen eine Lohnkürzung oder die Erhöhung von Studiengebühren einlegt.

Klaus-Peter Hufer erklärt: „Solche eher privaten Einlassungen mögen berechtigt sein, doch geht es hier nicht um „Widerstand“, sondern um alltägliche Auseinandersetzungen.“ Ein weitergehendes „Recht auf Widerstand“ beanspruchen viele und aus sehr unterschiedlichen Gründen. Die öffentliche Bewertung fällt sehr unterschiedlich aus. Der Widerstand von Islamisten wird allgemein negativ bewertet, der von Greenpeace eher positiv. Alle Menschen sehnen sich nach Gerechtigkeit, doch es scheint unmöglich, eine Klärung zu finden, die es allen „gerecht macht“.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht auseinander

Ein weithin anerkanntes „Wörterbuch der philosophischen Begriffe“ bringt das Problem auf den Punkt: „Das Interesse an Gerechtigkeit ist universal, die inhaltlichen Vorstellungen sind unterschiedlich.“ So ist es auch nicht verwunderlich, wenn Widerstand, der sich auf die Herstellung von Gerechtigkeit beruft, unterschiedlich motiviert sein kann. Da die beiden Begriffe „Widerstand“ und „Gerechtigkeit“ nicht trennscharf zu definieren sind, liegt Missbrauch nahe. Fest steht nur, dass es in der Welt ungerecht zugeht, und das in offensichtlich steigendem Maße.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht auseinander. Vermögensrekorde auf der einen, Leben unterhalb des Existenzminimums auf der anderen Seite. In einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Oxfam heißt es: „Soziale Ungleichheit hindert uns daran, Armut zu überwinden und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu schaffen. Sie steht einem Wirtschaftssystem im Weg, von dem alle profitieren.“ Dieses sollte jedem Menschen ein Leben in Würde ermöglichen und den Erhalt der Natur für zukünftige Generationen sichern – weltweit. Quelle: „Zivilcourage“ von Klaus-Peter Hufer

Von Hans Klumbies