Katia Henriette Backhaus fordert: „Die Frage nach der menschlichen Freiheit und ihrem konflikthaften Verhältnis zur Natur muss immer wieder neu gestellt werden.“ Denn die Spaltung des Menschen in einem empirischen und einen geistigen Teil ist nur theoretisch möglich. Zudem kann die Befriedigung der Bedürfnisse Werten und Idealen im Wege stehen. Im gegenwärtigen Kontext der ökologischen Krise wird die Beziehung von Freiheit und Natur ebenfalls gegensätzlich, aber in anderer Form gedacht. Der Gegensatz wird nun nicht als innerer Konflikt verstanden. Denn die Natur erscheint als das Äußere, als die Menschen umgebende Welt, die potentiell freiheitsbedrohend sein kann. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main im Bereich der politischen Theorie promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.
Naturkatastrophen schränken die Freiheit ein
Diese Bedrohung hat eine direkte und eine indirekte Konsequenz. Erstens erfordern spontan auftretende Naturereignisse wie Dürren, Überschwemmungen oder Hurrikans, schnelle und bestimmte Reaktionen. Zweitens wird dadurch die Freiheit eingeschränkt. Katia Henriette Backhaus erklärt: „Sowohl die politische, weil die Frage der demokratischen Gestaltung hintenansteht, als auch die persönliche Freiheit.“ Auf Krisenfälle muss man sofort und im schlimmsten Fall unter Regelung des Ausnahmezustands reagieren. Dann unterbricht man den politischen Normalzustand. Aushandlungs- und Abwägungsprozesse werden abgekürzt.
Zugleich geht mit der Erkenntnis, dass eine spezifische Lebensweise die Ursache für verschiedene Phänomene der ökologischen Krise darstellt, häufig ein Lösungsvorschlag einher. Dieser sieht vor, mithilfe politischer Instrumente in die freie Wahl der persönlichen Lebensweise einzugreifen. Durch diese Interpretation, welche die Natur als Lebensumwelt des Menschen begreift, denk Katia Henriette Backhaus die Verbindung der beiden neu. Der Mensch erscheint einerseits als Instanz, der in der Lage ist, die natürliche Umwelt zu beeinflussen und zu verändern.
Das Zeitalter des Menschen hat begonnen
Entsprechend haben Wissenschaftler den Begriff des Anthropozäns, des menschlichen Zeitalters, geprägt. Andererseits kann der Mensch den Konsequenzen des Wandels, den er selbst verursacht hat, nicht entkommen. Er bleibt auf die Natur als Umwelt angewiesen, auch wenn sie inzwischen eine menschliche Prägung aufweist. Wie kann Freiheit vor diesem Hintergrund neu gedacht werden? Schon im Bericht des Club of Rome von 1972 formulieren die Wissenschaftler das Ziel, „Freiheit für die menschliche Gesellschaft zu finden und ihr keine Zwangsjacke aufzubinden“.
Die Autoren beschreiben, wie man alte durch neue Freiheiten ersetzt. Zum Beispiel die Freiheit, unkontrolliert Rohstoffe zu verbrauchen, durch die Freiheit für schöpferische Tätigkeit. Der Vorschlag von Katia Henriette Backhaus einer nachhaltigen Freiheit geht jedoch in eine andere Richtung und legt den Fokus auf die politische Freiheit. Sie schlägt vor, Freiheit und Nachhaltigkeit in Beziehung zueinander zu denken. Zudem stellt sie die Frage danach, wie man Freiheit im Kontext der ökologischen Krise denken kann. Quelle: „Nachhaltige Freiheit“ von Katia Henriette Backhaus
Von Hans Klumbies