Isaiah Berlin prägte den Freiheitsbegriff

Isaiah Berlins Diskussion des Freiheitsbegriffs ist von zwei zentralen Konfliktlinien geprägt. Einerseits geht es um den Konflikt von individueller und kollektiver Freiheit, andererseits um den Widerstreit zwischen Herrschaft und Freiheit. Katia Henriette Backhaus ergänzt: „Zudem unterscheidet sich der Anspruch der sogenannten negativen und positiven Freiheit mit Blick auf die Spezifikation.“ Oder, anders gesagt, die Offenheit der jeweiligen Spielräume und Konsequenzen der Freiheit. In diesem Sinne handelt es sich also tatsächlich um Argumente für die Differenzierung zweier grundverschiedener, unvereinbarer Einstellungen zu den Zielen des Lebens. Im Zentrum steht dabei ein vom Staat potentiell bedrängtes, seiner Natur und seinem Wesen nach einem privaten Raum bedürftigen, Individuum. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

Positive Freiheit bedeutet Autonomie des Individuums

Seine negative Freiheit kann nur gewahrt werden, wenn dem Einfluss von anderen Grenzen gesetzt werden. Was die Ziele dieses Individuums sind, was es in seinem virtuellen Freiheitsraum tut, ist nicht Teil der Freiheitsbestimmung. Katia Henriette Backhaus erklärt: „Negative Freiheit ist nicht eine spezifische Freiheit zu etwas, sie ist vielmehr eine unspezifische Freiheit von etwas. Ziel, Zweck oder Konsequenz des freien Handelns spielen in dieser Konzeption keine Rolle.“

Das bedeutet auch, dass der private Raum die Hauptbühne der Realisierung negativer Freiheitspotentiale bleibt. Nicht zuletzt, weil Isaiah Berlin eine mehr als kontingente Verknüpfung von liberaler Freiheit und Demokratie ausschließt. Dementgegen wird die positive Freiheit bei Isaiah Berlin in mehreren Hinsichten umfassender definiert. Positive Freiheit zu etwas meint allgemein, über sich selbst bestimmen zu können. Autonomie, nicht Heteronomie, ist der Leitwert in allen Lebensbereichen. Das umfasst spezifisch die Teilhabe an der politischen Regierung in demokratischer Form und schließt die kollektive Selbstregierung ein.

Der freie Mensch kann seine Freiheit verspielen

Katia Henriette Backhaus stellt fest: „Diese Form der Freiheit ist also weder auf das Individuum noch auf den privaten Bereich beschränkt.“ Ebenso ergänzt Isaiah Berlin mögliche Freiheitshindernisse. Nicht mehr nur der Einfluss von außen, sondern auch innere Beschränkungen – etwa ein mangelndes oder fehlerhaftes Bewusstsein seiner selbst – können Freiheit einschränken. An dieser Stelle kommen Freiheitsgefahren ins Spiel. Der autonome, freie Mensch ist laut Isaiah Berlin aufgrund der Spaltung seiner Persönlichkeit, stets der Gefahr ausgesetzt, seine Freiheit zu verspielen.

Er lässt sich durch das überhöhte, abstrahierte Kollektiv bestimmen oder verwechselt Freiheit mit anderen Prinzipien. Diese Gefahren illustrieren den schnellen Umschlag von Freiheit in Herrschaft, den Isaiah Berlin für die Formen der positiven Freiheit befürchtet. Die Grenze zwischen negativer und positiver Freiheit existiert in verschiedenen Variationen, die man ebenso häufig überschreiten kann. Erstens, wenn das Individuum Teil eines selbstregierenden Kollektivs wird. Zweitens, sobald innere Hindernisse die Freiheit einschränken und drittens, wenn die Freiheit durch Herrschaft definiert wird. Quelle: „Nachhaltige Freiheit“ von Katia Henriette Backhaus

Von Hans Klumbies