Der Kapp-Putsch war ein Staatsstreich der alten Rechten

Am 1. Januar 1920 trat der Friedensvertrag von Versailles in Kraft – und mit ihm auch jene Bestimmungen, welche die Verurteilung der deutschen Kriegsverbrecher und die Reduzierung der deutschen Heeresstärke auf 100.000 Mann regelte. Vor allem die Verringerung der Truppen richtete sich direkt gegen die noch unter Waffen stehenden Freikorps, aber auch gegen Tausende von Offizieren der Reichswehr, die vergebens gehofft hatten, die Regierung werde diese Bestimmungen unterlaufen. Die dadurch entstandene Verbitterung gab den Anlass, den nun schon seit einiger Zeit verfolgten Gedanken in die Tat umzusetzen, nämlich die sogenannte November-Republik zu stürzen. Der seit Längerem vorbereitete Putsch wurde von einigen Politikern der Rechten, darunter Wolfgang Kapp, einem der Führer der Vaterlandspartei, und Oberst Bauer, dem engsten Mitarbeiter Erich Ludendorffs in der Obersten Heeresleitung, in Gang gesetzt.

Der Putschversuch brach schnell in sich zusammen

Die Unterstützer des Putsches fanden sich in erster Linie in der Fronde der ostelbischen Gutsbesitzer und in größeren Teilen der Reichswehr, nicht zuletzt in dem Befehlshaber von Berlin, Walther von Lüttwitz. Die militärische Organisation des Putsches übernahmen insbesondere Einheiten des Freikorps, allen voran die Marinebrigade Ehrhardt, die sich als rücksichtsloseste und gewalttätigste dieser Truppen ausgezeichnet hatte und am 13. März 1920 in Berlin einmarschierte. Es war der Putsch der alten Rechten – Staatsstreich der Prätorianer, Junker und Alldeutschen.

Die Zielvorstellungen der Putschisten bestanden aus wenig mehr als der Wiederherstellung jener Verhältnisse, die geherrscht hatten, als noch die dritte Oberste Heeresleitung die Geschicke des Landes bestimmt hatte. Nicht einmal eine Kabinettsliste hatte man vorbereitet. So war es auch nur im ersten Moment verwunderlich, dass der Putschversuch so schnell in sich zusammenbrach. Mehrere Faktoren waren dafür ausschlaggebend: Erstens wurden die Putschisten nicht aktiv von der Reichswehrführung unterstützt.

Die Gewerkschaften riefen den Generalstreik aus

Zweitens war die Unterstützung der Putschisten bei den Behörden und der Beamtenschaft außerhalb der ostelbischen Regionen sehr gering. Drittens hielten sich selbst die Parteien der Rechten zurück. Als entscheidend für den Zusammenbruch des Putsches erwiesen sich allerdings die Gewerkschaften: Während die Regierung nach Dresden und Stuttgart ausgewichen war, riefen sie den Generalstreik aus, der binnen kurzem das Land und die Hauptstadt lahmlegte und die Putschisten zum Aufgeben zwang.

Die Brigade Ehrhard musste aus der Hauptstadt abziehen – nicht ohne auf Demonstranten, die gegen das Freikorps demonstrierten, noch einmal das Feuer zu eröffnen. Zwölf Tote und dreißig Verletzte waren das Resultat. Erneut zeigte sich: Gegen die alten Gewalten von Vaterlandspartei und Heeresführung war sich die Arbeiterschaft einig. Der Streik wurde von Sozialdemokraten, Unabhängigen und Kommunisten gleichermaßen unterstützt. Aber schon als der Kapp-Spuk vorbei war, trennten sich ihre Wege wieder. Quelle: „Geschichte des 20. Jahrhunderts“ von Ulrich Herbert

Von Hans Klumbies