Kann der Zweck in allen Fällen die Mittel rechtfertigen?

Oftmals ist die Frage sehr schwer zu beantworten, ob ein Mittel den Zweck rechtfertigen kann. Wie zum Beispiel folgende: „Kann es richtig sein, unschuldige Menschen zu töten, um viele weitere Menschenleben zu retten?“ Darüber hinaus wird auch kontrovers darüber diskutiert, ob es statthaft ist, Formen der Folter zuzulassen, um an Informationen zu gelangen, die das Leben anderer Menschen retten könnten. Eine andere, weniger öffentliche Debatte wird laut Julian Baggini um die Rechtfertigung von Strafen geführt, wobei man immer berücksichtigen muss, dass kein Strafsystem vollkommen ist. Julian Baggini ist Mitbegründer und Herausgeber des „Philosopher`s Magazine“. Er schreibt regelmäßig für große Zeitungen und hat mehrere Bestseller veröffentlicht. Zu seinen Werken zählen unter anderem die Bücher „Ethik“ und „Der Sinn des Lebens“.

Der Unterschied zwischen Konsequentialismus und Deontologismus

Um zu größerer Klarheit über die Antworten zu diesen Fragen zu gelangen, empfiehlt Julian Baggini einen Standardansatz, der anknüpft an die lehrbuchmäßige Unterscheidung zweier ethischer Prinzipien: an den Konsequentialismus und den Deontologismus. Julian Baggini erklärt die erste Variante: „Ob eine Handlung richtig oder falsch ist, beurteilt der Konsequentialismus, wie der Name sagt, allein aufgrund der von ihr bewirkten Folgen hinsichtlich des erstrebten Ziels. Stehen zwei mögliche Handlungen zur Wahl, sollte man die Folgen gegeneinander abwägen und diejenige ausführen, die die „besseren“ Folgen hat.“

„Besser“ könnte bedeuten: ein größeres Gefühl des Glücks, weniger Leid, mehr Wahlmöglichkeiten oder mehr Freiheit, mehr Unabhängigkeit oder Fortschritte für die Menschheit und noch vieles weiteres dieser Art. Unterschiedliche Theorien füllen den Begriff „besser“ unterschiedlich aus. Julian Baggini erläutert: „Das zugrunde liegende Prinzip aber lautet: die richtige Handlung ist diejenige, die das Gute maximiert, die falsche Handlung ist diejenige, die das Schlechte maximiert.“ Die Ansätze des Deontologismus dagegen betrachten die Moralität einer Handlung in Abhängigkeit von der Erfüllung dessen, was der Handelnde als seine Aufgabe und Pflicht erkennt, unabhängig von den Konsequenzen.

Der Deontologismus hat seine Wurzeln in der religiösen Ethik

Julian Baggini nennt ein Beispiel: „Es ist unsere Pflicht, keine unschuldigen Menschen zu töten. Diese Pflicht kann auch nicht übertrumpft werden von dem Wunsch, andere unschuldige Menschen zu retten. Insofern kann es durchaus sein, dass wir in ein Entscheidungsdilemma geraten und uns für eine Handlung entscheiden müssen, die noch mehr schlimme Geschehnisse zur Folge hätte, noch mehr unschuldige Leben kosten würde, um das Richtige zu tun. Der Konsequentialist sieht also eine enge Verbindung zwischen der richtigen Handlung und einem guten End-Sachverhalt.“

Die deontologische Theorie hat ihre Wurzeln in der religiösen Ethik, wonach der Mensch einzig Gott gegenüber verpflichtet ist. In seiner frühneuzeitlichen Variante, die von Immanuel Kant vertreten wurde, war das Prinzip, das die Handlung leitet, nicht durch die Pflicht bestimmt, sondern durch die Vernunft. In beiden Fällen war die Pflicht laut Julian Baggini umrahmt von etwas anderem als dem menschlichen Wohlergehen und Glück. Der Konsequentialismus dagegen gewann an Bedeutung mit dem Aufkommen des Utilitarismus, der die Maximierung von Lust/Glück und die Minimierung von Leid/Unglück in den Mittelpunkt seines ethischen Ansatzes stellt.

Von Hans Klumbies