Jutta Allmendinger erklärt die Nachteile des Betreuungsgelds

Jutta Allmendinger vertritt die These, dass eine gute, kindergerechte Erziehung in Kindertagestätten, den sogenannten Kitas, die Entwicklung der Kinder unterstützt, die Erwerbstätigkeit der Eltern ermöglicht und so auch vor Armut schützt. Am Betreuungsgeld kritisiert die Soziologin, dass es Anreize gibt, die Kinder daheim zu betreuen und die Erwerbstätigkeit lange zu unterbrechen. Das gefährdet ihrer Meinung nach insbesondere die eigenständige Absicherung von Frauen. Zudem fordert Jutta Allmendinger eine bessere Bezahlung der Erziehung und einheitliche Qualitätsstandards für Kindertagesstätten in Deutschland. Jutta Allmendinger gehört zu den führenden Soziologinnen in Deutschland. Seit dem Jahr 2007 ist sie Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. Außerdem ist sie Professorin für Bildungssoziologie und Arbeitsmarktforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie für Soziologie an der Freien Universität Berlin.

Die frühkindliche Förderung legt die Grundlage für das ganze Leben

Jutta Allmendinger weist darauf hin, wie entscheidend die ersten Jahre für die Entwicklung eines Kindes sind: vor allem für seine kognitiven, sozialen und emotionalen Kompetenzen, aber auch für das Selbstwertgefühl und die Achtung anderer. Jutta Allmendinger erläutert: „Die frühe Förderung fällt mehr ins Gewicht als eine gute Schule, als eine gute Ausbildung – in der frühen Erziehung werden die Grundlagen für das ganze Leben gelegt.“ Die Politik muss ihrer Meinung nach in eine gute Infrastruktur für Kinder investieren, wenn sie die eigenständige Sicherung von Frauen und Männern erreichen will.

Deutschland braucht laut Jutta Allmendinger gute vorschulische Einrichtungen und gute Schulen, die bis in den Nachmittag hineinreichen. Denn die aktuelle Situation an den Schulen stresst zunehmend Eltern und Kinder und wirkt sich teilweise sehr negativ auf die freie Familienzeit aus. Auch heute ist in Deutschland noch Kind und Karriere schwer miteinander vereinbar. Das muss allerdings nicht so sein. Jutta Allmendinger weist darauf hin, dass ein Studium mit Kind eigentlich ideal ist und von den Hochschulen durch viele Maßnahmen auch unterstützt wird.

Die Arbeitszeit in der Familie sollte umverteilt werden

Jutta Allmendinger stellt einige Forderungen an die Politik: „Angesichts der gestiegenen Lebenserwartung sollten wir die Schulzeit nicht weiter verkürzen, auf das Auslandsjahr nicht verzichten, das soziale Jahr nicht streichen, die Studienzeiten nicht komprimieren und nicht bis in die Puppen arbeiten.“ Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ihrer Meinung nur dann zu erreichen, wenn beide Bereiche gleich wichtig genommen und geschützt werden. Jutta Allmendinger schlägt deshalb vor, die Arbeitszeit in der Familie umzuverteilen.

Ein großes Problem besteht für die Soziologin darin, dass die kurzen Erwerbsarbeitszeiten von Frauen ein ganzes Leben lang weitergeführt werden müssen. Die Forschung zeigt: „Einmal Teilzeit, immer Teilzeit.“ Aber einige Studien zeigen auch, dass Frauen häufig längere und Männer häufig kürzere Arbeitszeiten wünschen. Jutte Allmendinger zieht daraus folgenden Schluss: „Ein Ansatzpunkt besteht folglich darin, die Arbeitszeit zwischen Männern und Frauen umzuverteilen. Dies umfasst die bezahlte Erwerbsarbeit wie die unbezahlte Familienarbeit.“

Von Hans Klumbies