Die meisten Menschen wissen nur wenig über Ethik und Moral

Unter den Autoren Großbritanniens, die sich mit dem Thema Philosophie auseinandersetzen, zählt Julian Baggini zu den bekanntesten. Viele seiner Bücher, die auch von der Kritik hoch gelobt wurden, entwickelten sich zu Bestsellern. In seinem Buch „Ethik“ stellt Julian Baggini zwanzig ethische Fragen, auf die er philosophische Antworten gibt. Die Fragen lauten zum Beispiel: „Ist Abtreibung Mord?“, „Sollte Euthanasie legal sein?“, „Ist Sex eine moralische Frage?“, „Sind wir verantwortlich für unsere Handlungen?“ und „Sind alle moralischen Dilemmata lösbar?“. Viele Menschen glauben heutzutage, dass die Zeit in der sie leben, ein Zeitalter des moralischen Verfalls sei. Allerdings scheint der Niedergang der Moral mit einem unaufhaltsamen Aufstieg der Ethik verbunden zu sein. Überall in den großen Supermärkten stehen inzwischen ethischen Produkte herum.

Die größten Fragen der Ethik sind auch zutiefst moralischer Natur

Nur die wenigsten Menschen haben eine Vorstellung davon, wie man über Ethik sprechen oder denken sollte. Anstelle klarer Gedanken herrscht nur eine verworrene Wahrnehmung vor. Unter Moral versteht Julian Baggini die Wahrung herkömmlicher gesellschaftlicher Regeln. Ethik definiert er als das Bemühen, möglichst umfassend das Richtige zu tun. Die generelle Verwirrung hinsichtlich Ethik und Moral dürfte seiner Meinung nach nicht zuletzt aus der Tatsache resultieren, dass beide Begriffe synonym verwendet werden.

Julian Baggini vertritt die Auffassung, dass Moral die Handlungsweisen behandelt, die den Menschen erlaubt oder nicht erlaubt sind, und zwar in erster Linie solche, die andere Menschen betreffen. Ethik dagegen ist ein etwas weiter gefasster Begriff, der alles einschließt, was damit zu tun hat, ob ein Leben gut oder schlecht verläuft. Julian Baggini erklärt: „Die größten Fragen der Ethik sind gleichzeitig jedoch zutiefst moralischer Natur, da sie sich nicht nur damit befassen, wie gut unser eigenes Leben verläuft, sondern auch damit, wie unsere Handlungen das Wohlbefinden anderer beeinflussen können.“

Wahrhaft moralisches Denken erfordert eine persönliche Auseinandersetzung

Julian Baggini behandelt in seinem Buch „Ethik“ die wichtigsten Themen, Argumente und Konzepte der Moralphilosophie anhand von zwanzig Schlüsselfragen. Er legt allerdings Wert darauf zu betonen, dass es sich bei diesem Werk um kein Lehrbuch handelt. Denn: „Wahrhaft moralisches Denken verlangt die persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema, nicht ein Durchlaufen der Standardpositionen.“ Folglich gibt es für Julian Baggini zwei konkurrierende Anliegen: den Wunsch verständlich und objektiv zu sein, und den Wunsch, sich eingehender und subjektiv mit den wichtigen Fragen zu befassen.

Eine tiefere Wahrheit über Ethik wird dem Leser am Ende des letzten Kapitels hoffentlich klar sein: Werte kollidieren häufig nicht, weil der eine falsch oder der andere richtig ist, sondern schlichtweg deshalb, weil mehr von einem zu haben oftmals bedeutet, dass die Menschen von einem anderen nicht genauso viel haben können. Beim Abwägen zwischen objektiver Darstellung und persönlichem Engagement erläutert Julian Biaggi die Ansichten großer Philosophen manchmal eher sachlich und ein andermal folgt er seiner eigenen Argumentationskette, die allerdings weithin auch den Überlegungen anderer geschuldet ist. Nach der Lektüre dieses Buches wird auf jeden Fall jeder Leser auf jeden Fall mehr Klarheit über seine eigenen Werte und Neigungen gewonnen haben.

Ethik

Die großen Fragen

Julian Baggini

Verlag: Springer

Gebundene Ausgabe: 208 Seiten, Auflage: 2014

ISBN: 978-3-642-36370-2, 19,99 Euro

Von Hans Klumbies