Ein Mord kann einen Welleneffekt auslösen

Mit den strafrechtlichen Begriffen Mord und Totschlag wird normalerweise die widerrechtliche Tötung einer anderen Person beschrieben. Julia Shaw erläutert: „Mit anderen Worten, es handelt sich um Strafbestände, die weder das Töten in Notwehr, zur Gefahrenabwehr noch das staatlich sanktionierte Töten in Form der Todesstrafe oder im Rahmen eines Krieges mit einschließen.“ Der Tod kann daraus resultieren, dass man eine Person umbringen wollte, oder daraus, dass man sie schwer verletzen wollte. Dies ist der „mens rea“ – der schuldige Geist – die Voraussetzung dafür, dass eine Tötung als Mord betrachtet wird. Ein übergeordneter Begriff aus der Kriminologie ist „Homizid“. Homizid ist die absichtliche und widerrechtliche Tötung eines Menschen und schließt üblicherweise sowohl Mord als auch Totschlag ein. Julia Shaw forscht am University College London im Bereich der Rechtspsychologie, Erinnerung und Künstlicher Intelligenz.

Ein Mord wird mit lebenslanger Haftstrafe bestraft

Nach deutschem Strafrecht ist der Mord die durch eine besondere Verwerflichkeit gekennzeichnete Tötung eines anderen Menschen. Diese besondere Verwerflichkeit kann sich aus dem Beweggrund des Täters – aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen –, der Begehungsweise – heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln – oder des Handlungszwecks – um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken – ergeben.

Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Fehlt es dem Täter oder der Tat an einem dieser besonderen Mordmerkmale, kann der Täter nur wegen Totschlag bestraft werden, wobei auf eine lebenslange Freiheitstrafe nur in besonders schweren Fällen zu erkennen ist. Die genaue Abgrenzung zwischen Totschlag und Mord kann sehr kompliziert sein und unterscheidet sich von Land zu Land, ebenso die Definition von Homizid. Die Vereinten Nationen (UN) definieren den Homizid als „beabsichtigte, widerrechtliche Tötung, die vorsätzlich an einer Person von einer anderen Person begangen wird.“

Die Dunkelziffer bei Mord ist ziemlich gering

Beim Mord handelt es sich nicht nur um das ultimative Verbrechen, sondern er kann zudem einen Welleneffekt auslösen, der weit über den Verlust des Lebens hinausgeht und ein Klima der Angst und Unsicherheit erzeugen kann. Homizidraten können ganze Gemeinden negativ beeinflussen, weil die Menschen beispielsweise Angst haben, abends nach draußen zu gehen, oder weil sie bestimmte Viertel meiden. Zudem stellt ein Bericht der UN heraus, das Homizid „auch die Familien und die Gemeinschaft des Opfers zu Opfer macht, die als sekundär Geschädigte betrachtet werden können“.

Nicht nur der Ermordete spielt also ein Rolle, sondern auch seine Familie und Freunde, welche die Folgen tragen müssen. Verglichen mit anderen Verbrechensarten ist es relativ einfach, eine Untersuchung zu Tötungsdelikten erfolgreich abzuschließen. Wenn ein Mensch getötet, tot aufgefunden oder vermisst wird, ist die Chance, dass dies gemeldet wird, sehr hoch und die „Dunkelziffer“, die Zahl der nicht gemeldeten Verbrechen, ziemlich niedrig. Im Gegensatz dazu ist zum Beispiel die Dunkelziffer für Verbrechen wie Vergewaltigung und sexueller Missbrauch sehr hoch. Quelle: „Böse“ von Julia Shaw

Von Hans Klumbies