Marktmacht führt zu mehr Ungleichheit

Es ist leicht zu verstehen, wie Marktstärke zu mehr Ungleichheit führt. Joseph Stiglitz ergänzt: „Aber sie ist auch für das niedrige Wirtschaftswachstum und die schlechte ökonomische Leistungsbilanz mitverantwortlich. Monopolmacht verzerrt die Marktmechanismen – sie verringert die gesamtwirtschaftliche Effizienz.“ Die Preisaufschläge zu beseitigen, die auf den mangelnden Wettbewerb zurückzuführen sind, würde die Produktion der US-Volkswirtschaft um etwa 40 Prozent erhöhen. Die Errichtung von Eintrittsschranken ist ein integraler Bestandteil von Marktmacht. Dagegen ist eine dynamische Wirtschaft mit funktionierendem Wettbewerb durch den fortwährenden Markteintritt von Unternehmen gekennzeichnet. Dabei ist der Anteil neuer Firmen üblicherweise hoch. Doch der Prozentsatz junger Unternehmen in der amerikanischen Wirtschaft ist wesentlich niedriger als in vielen anderen Ländern. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

Der Wettbewerb in der US-Volkswirtschaft geht zurück

Dies deckt sich mit der Annahme, dass der Wettbewerb in der US-Volkswirtschaft zurückgeht. Denn es gelingt erfolgreichen Firmen, hohe Eintrittsschranken zu errichten – sich also mit breiten und tiefen Gräben zu umgeben. Joseph Stiglitz weiß: „Die deutliche Zunahme von Marktmacht verringert die gesamtwirtschaftliche Produktivität. Aber sie kann sich auch erheblich auf die Verbrauchernachfrage auswirken.“ In dem Maße, wie Geld von der Basis der ökonomischen Pyramide zur Spitze fließt, sinkt der gesamtwirtschaftliche Konsum.

Und zwar schlichtweg deshalb, weil die Topverdiener einen geringeren Teil ihres Einkommens für den Konsum aufwenden als Geringverdiener. Diese müssen praktisch ihr gesamtes Einkommen ausgeben, nur um ihren Grundbedarf zu decken. Außerdem schwächt man die Investitionstätigkeit, weil der Mehrertrag aus der Produktion zusätzlicher Güter und Dienstleistungen in dem Maße fällt, wie die Monopolmacht ansteigt. Wenn eine Volkswirtschaft mehr produziert, müssen Monopole ihre Preise senken, sodass der Gewinn möglicherweise weit weniger stark ansteigt als auf Wettbewerbsmärkten.

Viele Unternehmen beuten die Verbraucher aus

Denn dort sind die Preise weitgehend unbeeinflusst vom Produktionsniveau einer jeden Firma. Dies ist für Joseph Stiglitz ein erklärender Faktor für eine Anomalie, die in den letzten Jahren zu beobachten war. Während die Gewinnraten sehr hoch gewesen sind, sanken die Investitionsquoten. Und dass die Privatinvestitionen zurückgehen, verheißt nichts Gutes für das zukünftige Wachstum. Trotzdem ziele viele Unternehmen heute darauf ab, bessere Methoden zu ersinnen, um Marktmacht zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, um die Verbraucher auszubeuten.

Viele Ökonomen haben immer gedacht, hohe Gewinne würden die Leistungsstärke der amerikanischen Wirtschaft, ein besseres Produkt, eine bessere Dienstleistung widerspiegeln. Aber heute wissen sie, dass höhere Gewinne auch auf bessere Methoden zur Ausbeutung von Verbrauchern und auf eine bessere Strategie der Preisdiskriminierung zurückzuführen sind. Diese erlauben es, die „Konsumentenrente“ abzuschöpfen. Dabei handelt es sich um die positive Differenz zwischen dem Preis, den ein Verbraucher für ein Produkt zu zahlen bereit wäre, und demjenigen, den er in einem Wettbewerbsmarkt zahlen müsste. Quelle: „Der Preis des Profits“ von Joseph Stiglitz

Von Hans Klumbies