Big Data und Künstliche Intelligenz (KI) beschwören das Schreckgespenst einer noch größeren Zunahme von Marktmacht herauf. Denn Unternehmen wie Amazon, Google und Facebook können riesige Datenmengen über jeden einzelnen User zusammentragen. Joseph Stiglitz stellt fest: „Die Befürworter von Big Data behaupten, mithilfe dieses Ansatzes ließen sich Produkte entwerfen, die besser auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten seien. Es besteht auch die Hoffnung, dass die bereitgestellten Informationen langfristig eine maßgeschneiderte medizinische Versorgung ermöglichen werden.“ Die Suchmaschinenbetreiber erklären, die Daten erlaubten ihnen zielgerichtetere Werbung, sodass Verbraucher eher für sie nützliche Informationen erhielten. Dies sind die positiven Möglichkeiten von Big Data. Aber die marktbeherrschenden Unternehmen können diese Daten mithilfe von KI auch in einer Weise nutzen, die ihre Marktmacht und ihre Gewinne auf Kosten von Verbrauchern erhöht. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.
Facebook verfügt über enorme Marktmacht
Die potentiellen Folgen der Markstärke, über welche die neuen Technologiegiganten verfügen, sind größer und schädlicher als alles, was Ökonomen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sahen. Damals konnten Unternehmen wie Standard Oil, American Tobacco oder US Steel aufgrund ihrer Marktbeherrschung die Preise für Öl, Tabak oder Stahl erhöhen. Heute geht es um mehr als nur um Preise. Die Marktmacht der Technologiekonzerne zeigt sich am dramatischsten jedes Mal, wenn Facebook seine Algorithmen ändert.
Denn diese legen fest, was Nutzer zu sehen bekommen und in welcher Reihenfolge. Joseph Stiglitz weiß: „Ein neuer Algorithmus kann den raschen Niedergang eines Medienkanals herbeiführen. Oder er kann neue Möglichkeiten schaffen – und dann eventuell wieder beenden –, große Zielgruppen anzusprechen wie etwa in Facebook Live.“ Aufgrund der starken Marktposition verdienen die Technologiegiganten die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Wettbewerbsbehörden.
Man sollte WhatsApp und Instagram von Facebook abspalten
Diese müssen nicht nur ihr Standardinstrumentarium gegen sie einsetzen, sondern auch neue Instrumente schaffen, um deren innovative Methoden, Marktmacht auszuüben und auszuweiten, zu bekämpfen. Man sollte zumindest erwägen, WhatsApp und Instagram von Facebook abzuspalten. Und man muss die Möglichkeiten für Interessenkonflikte einschränken. Diese treten beispielsweis dann auf, wenn Google seinen eigenen Online-Laden eröffnet, der mit denjenigen konkurriert, die auf seiner Plattform werben.
Joseph Stiglitz blickt voraus: „Höchstwahrscheinlich werden wir jedoch weiter gehen und beispielsweise den Zugang zu Daten und ihre Nutzung einschränken müssen.“ Unternehmen können durch KI und Big Data beurteilen, wie sehr jeder Nutzer verschiedene Produkte wertschätzt und wie viel er folglich dafür zu zahlen bereit ist. So können sie ihre Preise differenzieren, das heißt einen höheren Preis von jenen Verbrauchern verlangen, die das Produkt höher schätzen oder weniger Optionen haben. Quelle: „Der Preis des Profits“ von Joseph Stiglitz
Von Hans Klumbies