Dass es in den USA und vielen anderen Industriestaaten nicht besonders gut läuft ist noch gelinde ausgedrückt. Im ganzen Land herrscht weitverbreiteter Unmut. Joseph Stiglitz erläutert: „Den in den letzten 25 Jahren vorherrschenden wirtschafts- und politikwissenschaftlichen Theorien zufolge war das nicht zu erwarten.“ Nach dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 verkündete Francis Fukuyama „Das Ende der Geschichte“. Denn seiner Meinung nach hätten die Demokratie und der Kapitalismus endgültig triumphiert. Eine neue Ära globalen Wohlstands mit höherem Wirtschaftswachstum den je zuvor stünde jetzt bevor. Und Amerika würde dabei die Führung übernehmen. Heute scheint von diesen hochfliegenden Ideen nichts mehr übrig zu sein. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.
Die Eliten haben die Nöte vieler Amerikaner ignoriert
Die Finanzkrise von 2008 zeigte, dass der Kapitalismus die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllte. Er schien weder effizient noch stabil zu sein. An einer Fülle von Statistiken ließ sich ablesen, dass die Superreichen am meisten vom Wachstum der letzten 25 Jahre profitiert hatten. Und schließlich weckten Abstimmungen, bei denen Anti-Establishment-Positionen eine Mehrheit erhielten, Zweifel an der politischen Urteilsfähigkeit vieler Wähler in Demokratien.
Als Beispiele nennt Joseph Stieglitz den Brexit in Großbritannien und die Wahl Donald Trumps in den Vereinigten Staaten. Viele Experten haben dafür eine einfache Erklärung dafür geliefert, die zwar richtig, aber nicht erschöpfend ist. Die Eliten haben die Nöte allzu vieler Amerikaner ignoriert, als sie sich für die Globalisierung und Liberalisierung stark machten. Sie versprachen, diese „Reformen“ würden allen nützen. Die versprochenen Vorteile sind jedoch für die meisten Bürger ausgeblieben.
Die Finanzkrise 2008 führte zu einer schweren Rezession
Die Globalisierung hat die Deindustrialisierung beschleunigt, weshalb viele Menschen, insbesondere die Geringerqualifizierten und unter diesen vor allem die Männer, den Anschluss verloren haben. Die Liberalisierung der Finanzmärkte führte zur Finanzkrise von 2008, die schwerste Rezession seit der Großen Depression, die 1929 begann. Zig Millionen Menschen wurden daraufhin weltweit arbeitslos und Millionen von Amerikanern verloren ihr Eigenheim. Doch kein einziger der Topbanker, welche die Weltwirtschaft an den Rand des Zusammenbruchs geführt hatten, musste sich vor Gericht verantworten.
Niemand saß eine Gefängnisstrafe ab, vielmehr wurden sie mit Megaprämien belohnt. Die Banken wurde gerettet, nicht aber diejenigen, die ihnen zum Opfer gefallen waren. Generell möchten Menschen Anerkennung, sie möchten das Gefühl haben, dass man ihnen Gehör schenkt. Sie erwarten, dass ihre Regierung „für sie eintritt“ – was auch immer das bedeutet. Und wenn sie das tut, dann wollen sie nicht, dass die Regierung sie als „die Abgehängten“ bezeichnet. Das ist herabwürdigend. Quelle: „Der Preis des Profits“ von Joseph Stiglitz
Von Hans Klumbies