Steuersenkungen führen zu Haushaltsdefiziten

Die heutige Situation erinnert Joseph Stiglitz unwillkürlich an jene Zeit vor 40 Jahren, als die Rechte schon einmal einen Triumpf feierte. Auch damals schien es sich um eine weltweite Bewegung zu handeln. Ronald Reagan regierte in den USA, Margaret Thatcher in Großbritannien. Die Wirtschaftspolitik nach John Maynard Keynes, die auf der Annahme beruht, der Staat könne Vollbeschäftigung aufrechterhalten, indem er die Nachfrage steuert, wurde von einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik abgelöst. Diese setzt ihrerseits voraus, Deregulierung und Steuersenkungen würden die wirtschaftlichen Produktivkräfte entfesseln. So würden geeignete Anreize geschaffen, um das Angebot an Gütern und Dienstleistungen und in der Folge auch das Einkommen der Privatpersonen zu steigern. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

Steuersenkungen führen zu größerer Ungleichheit

Joseph Stiglitz warnt: „Eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik brachte schon unter Ronald Reagan nicht die erhofften Ergebnisse, und sie wird auch unter Donald Trump scheitern.“ Die Republikaner reden sich selbst und dem amerikanischen Volk ein, die aktuellen Steuersenkungen würden die Konjunktur anschieben. Und zwar so sehr, dass sie Steuerausfälle geringer sein werden als von den Skeptikern behauptet. So argumentieren die Verfechter einer angebotsorientierten Politik, aber inzwischen sollten auch sie wissen, dass diese nichts bringt.

Die Steuersenkung im Jahr 1981 unter Ronald Reagan leitete eine Ära gigantischer Haushaltsdefizite, schwächeren Wachstums und größerer Ungleichheit ein. Mit seiner Steuerreform von 2017 verabreicht Donald Trump den USA eine noch größere Dosis an politischen Maßnahmen. Diese beruhen allerdings statt auf wissenschaftlichen Erkenntnissen auf eigennützigem Aberglauben. Präsident H. W. Bush nannte die angebotsorientiere Wirtschaftspolitik einen faulen Zauber. Donald Trumps Neuaufguss ist fauler Zauber hoch zwei.

Donald Trump zeigt keinerlei Mitgefühl mit den Armen

Donald Trump ist laut Joseph Stiglitz so raffiniert gewesen, die verbreitete Unzufriedenheit in den USA zu erkennen, den Unmut weiter anzufachen und skrupellos auszunutzen. Er ist bereit, das Leben der amerikanischen Mittelschicht zu verschlimmern und 13 Millionen Amerikanern den Krankenversicherungsschutz wegzunehmen. Der Präsident plant das in einem Land, in dem jetzt schon die Lebenserwartung sinkt. Obendrein gewährt er den Reichen Steuervergünstigungen, während er die Steuern für die meisten Angehörigen der Mittelschicht erhöht.

Für diejenigen, die Ronald Reagans Regierungszeit miterlebt haben, zeigen sich bemerkenswerte Ähnlichkeiten. Wie Donald Trump nutzte auch er Furcht und Ressentiments aus. Er prägte den Begriff der „Sozialhilfe-Abzockerin“, die hart arbeitende Amerikaner um ihr wohlverdientes Geld bringe. Diese unterschwellige Botschaft war klar, denn gemeint waren in erster Linie Afroamerikanerinnen. Auch Ronald Reagan zeigte keinerlei Mitgefühl mit den Armen. Zudem war er ein Heuchler, dessen Lippenbekenntnis zur freien Markwirtschaft mit weitreichenden protektionistischen Maßnahmen verbunden war. Quelle: „Der Preis des Profits“ von Joseph Stiglitz

Von Hans Klumbies