Vom Quellwasser kann kein Organismus leben

Josef H. Reichholf stellt fest: „Den Anfang macht die Quelle. Ja sicher, aber nur für das Wasser selbst. Vom Wasser allein kann jedoch kein Organismus leben. Alle Lebewesen benötigen Nährstoffe.“ Woher und wie kommen diese in die Fließgewässer? Am wenigsten entspringt den Quellen direkt. Denn diese würden, sofern das Grundwasser nicht verschmutzt ist, von Natur aus beste Trinkwasserqualität haben, von wenigen Sonderfällen wie Salz- oder Schwefelhaltigen Quellen abgesehen. Quellwasser, Trinkwasser, ist reines Wasser. Es sollte sauber sein und keine Nährbrühe für Kleinlebewesen oder für Fische und Wasservögel. In der Umgebung der Fließgewässer an Land wächst Grün. In Massen, wenn der Wald bis an den Bach reicht, und genug, wenn es Wiesen sind mit Gräsern und Kräutern. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.

Eigentlich gehören auch die Wasserpflanzen zu den Landpflanzen

Eigentlich sind auch die Wasserpflanzen im Bach verwurzelt und damit Landpflanzen, die vom Ufer her zum Wasser vorgedrungen sind. Echte „Wasserpflanzen“ bildet lediglich der feine Aufwuchs von Algen auf den Steinen im Wasser. Sie können durchaus sichtbare Krusten und Beläge ergeben, die auffallen, wenn man darauf achtet. Aber es fällt schwer, sich vorzustellen, dass sie den Wiesen am Land entsprechen sollen. Und dass diese Beläge ähnlich beweidet werden.

Das geschieht durchaus. Aber von hochgradig spezialisierten Larven bestimmter Wasserinsekten oder von kleinen, schwer zu findenden Schnecken. Josef H. Reichholf ergänzt: „In ihrer Biomasse, ihrem Lebendgewicht, bringt es diese Lebensgemeinschaft aus winzigen Algen und kleine Tiere auf sehr geringe Werte. Für Forellen zum Beispiel bietet sie wenig Nutzbares.“ Die Ausgangsbasis für das gesamte Leben im Bach kann sie schwerlich sein. Diese schaffen Stoffe aus ganz anderer Quelle, aus einer so diffusen, dass sie sich nicht wirklich lokalisieren lässt.

Selbst Baumstämme schreddern die Fluten

Doch umso wirkungsvoller ist sie. Am Anfang des weitaus größten Teils des Bachlebens stehen organische Abfall- und Reststoffe. Diese geraten von allen Seiten in die Bäche und Flüsse. Noch sehr kompakt, kommen sie als sogenannter Bestandsabfall von den Bäumen und Büschen am Ufer. Es sind Blätter, die auch aus größerer Entfernung eingeweht oder mit Starkregen eingeschwemmt werden können. Sehr viel kommt aber aus dem Humus am Ufer, wenn erhöhte Wasserführung einsetzt und die Strömung daran nagt.

Josef H. Reichholf weiß: „Die mitgerissenen Mengen sind beträchtlich. Wir sehen sie, wenn wir einen Bach oder Fluss bei Hochwasser betrachten. Dann ist das vorher glasklare Wasser braun und mehr oder minder stark getrübt.“ Im Herbst sieht man, dass Blätter in großen Mengen auf dem Wasser dahindriften. Nach und nach gehen sie unter, erreichen das Flussbett und werden an diesem aufgearbeitet. Selbst Baumstämme, die ins Wasser geraten, schreddern die Fluten nach und nach und zerreiben sie zu feinen Holzresten. Quelle: „Flussnatur“ von Josef H. Reichholf

Von Hans Klumbies

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