Flüsse sind phantastische Lebensräume

Wo das Wasser schnell strömte und sauber war, lebten die Bachforellen und ein paar weitere für den Fischfang weniger attraktive Fischarten. In stillen, an Wasserpflanzen, die am Bodengrund wurzeln, reichen Buchten und Altwasser wühlten Schleien und dicken Karpfen den Schlamm auf. In ihm suchen sie Würmer und andere tierische Nahrung. Barben, Nasen oder Äschen sind an mittleren Flussabschnitten häufiger zu angeln. Josef H. Reichholf ergänzt: „Dort, wo der Fluss flach überströmte, feinkiesige Kiesbänke ausgebildet hatte. Flussbarsche durchsuchten am liebsten die waldartig aufgewachsenen Bestände von Unterwasserpflanzen.“ Hechte dagegen lauerten in der Deckung des ins tiefere Wasser vorgedrungenen Röhrichts auf Beute. Solche Erfahrungen machten die Angler, lange bevor man eine fischereifachliche Einteilung der Fließgewässer nach sogenannten Fischregionen vornahm. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.

Fischarten charakterisieren die Fließgewässer

Die Berufsfischer stellten den Fischen mit Reusen oder Netzen nach. Sie wussten seit alten Zeiten, dass es umfangreiche Wanderungen von manchen Fischarten gibt. Diese finden zwar zu bestimmten Jahreszeiten statt, aber variieren, was genauen Zeitpunkt und vor allem auch die Menge der Fische betrifft. Mit den Fischwanderungen verhielt es sich also ähnlich wie bei den Arten der Vogelwelt, hinter denen die Jäger her waren. Vor Ort im Gewässer ist ein Grundbestand von Fischen vorhanden oder sollte das sein, der den darin vorhandenen Lebensbedingungen entspricht.

Josef H. Reichholf weiß: „Zu Zeiten kommen andere Fische, die durchwandern oder eintreffen, um für eine bestimmte Zeit zu bleiben. Ortsbeständige und wandernde Fischarten charakterisieren die Fließgewässer.“ Sie wurden durch die Verbauung der Flüsse mehr oder weniger stark voneinander getrennt. Daher sind die „Fischregionen“ gegenwärtig eher so etwas wie fischereiliche Wunschziele. Diese strebt man an, um einen einigermaßen naturgemäßen Fischbestand zu erreichen.

Den Zustand von Fließgewässern kann man rasch erkennen

Als ökologische Kennzeichnung von Bächen und Flüssen eignen sich die Fischregionen aber durchaus, auch für andere Organismen. Allerdings sieht man ziemlich gut ganz unmittelbar, in welchem Zustand sich ein Bach oder ein kleiner Fluss befindet, wenn man am Ufer steht und ihn betrachtet. Fische muss man dazu nicht kennen. Hilfreich sind Grundkenntnisse dazu jedoch sehr wohl. So zeigt der erste Blick bereits, ob sich das Fließgewässer in einem einigermaßen natürlichen Zustand befindet oder ob es begradigt ist und zwischen künstlich befestigten Ufern fließen muss.

In beiden Fällen kann es sich dennoch um einen Abschnitt handeln, den man zur Forellenregion rechnet. Das ist der Fall, wenn das Wasser stark strömt und sichtlich ungetrübt klar ist. Den Bachforellen wird der regulierte Zustand dennoch nicht sonderlich zusagen. Selbst wenn er bezüglich des Wassers noch so passend für ihre „Region“ ist. Sie brauchen Deckung am Ufer, wechselnde Strömungsverhältnisse und natürlich Nahrung. Solche wird ein begradigter, uferverbauter Forellenbach weit weniger bieten als ein natürlicher Bachlauf. Quelle: „Flussnatur“ von Josef H. Reichholf

Von Hans Klumbies