Der Mensch trägt das Gewicht der Welt für sich ganz allein

Der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein, das Gewicht der gesamten Welt aus seinen Schultern zu tragen. Er ist laut Jean-Paul Sartre für die Welt und für sich selbst als Seinsweise verantwortlich. Es ist seiner Meinung nach unsinnig, sich beklagen zu wollen, weil ja nichts Fremdes darüber entschieden hat, was der Mensch fühlt, was er erlebt oder was er ist. Jean-Paul Sartre schreibt: „Diese absolute Verantwortlichkeit ist übrigens keine Hinnahme: sie ist das bloße logische Übernehmen der Konsequenzen unserer Freiheit.“ Was einem Menschen zustößt, stößt ihm durch sich selbst zu, deshalb kann er weder darüber bekümmert sein, noch sich dagegen auflehnen, noch sich damit abfinden. Mit seinem Appell zur Selbstverantwortlichkeit wurde Jean-Paul Sartre zu einem der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts.

Auch für seine Unmenschlichkeiten trägt der Mensch die Verantwortung

Alles was einer Person zustößt, ist seins. Darunter ist laut Jean-Paul Sartre zuallererst zu verstehen, dass der Mensch immer auf der Höhe dessen ist, was ihm zustößt, denn was einem Menschen durch andere Menschen und durch ihn selbst zustößt, kann nur menschlich sein. Selbst die grauenhaftesten Situationen des Krieges und die schlimmsten Folterungen schaffen keinen unmenschlichen Sachverhalt. Allein durch Furcht, Flucht oder Rückgriff auf magische Verhaltensweisen kann sich der Mensch für das Unmenschliche entscheiden.

Eine solche Entscheidung ist und bleibt menschlich und der Mensch muss die gesamte Verantwortung dafür tragen. Jede Person ist eine absolute Wahl ihrer selbst, ausgehend von einer Welt von Kenntnissen und Techniken, die von dieser Wahl zugleich angenommen und beleuchtet wird. Jean-Paul Sartre schreibt: „Jede Person ist etwas Absolutes, das sich eines absoluten Datums erfreut, welches zu einem anderen Datum völlig undenkbar ist.“ Ein Mensch unterscheidet sich nicht von einer Epoche, er kann nicht ohne Widerspruch in eine andere versetzt werden.

Jedes Ereignis kann als Chance betrachtet werden

Vom Augenblick seines Auftauchens trägt der Mensch das Gewicht der Welt für sich ganz allein, ohne dass irgendetwas noch irgendjemand es erleichtern könnte. Doch diese Verantwortlichkeit ist für Jean-Paul Sartre von ganz besonderer Art. Der Mensch ist für alles verantwortlich, außer für seine Verantwortlichkeit selbst, denn er ist nicht die Begründung seines Seins. Das Individuum ist verlassen in der Welt, allerdings nicht in dem Sinn, dass es preisgegeben und passiv bleiben soll in einem feindlichen Universum.

Jedes Ereignis in der Welt kann der Mensch nur als Gelegenheit entdecken, oder besser noch, alles was ihm zustößt, als Chance ansehen. Wer in der Angst seine Bedingung realisiert, in eine Verantwortlichkeit geworfen zu sein, die sich laut Jean-Paul Sartre bis auf seine Verlassenheit zurückwendet, hat weder Gewissensbisse noch Bedauern, noch Entschuldigungen mehr. Er ist dann nur noch eine Freiheit, die sich als völlig sie selbst entdeckt und deren Sein in eben dieser Entdeckung beruht. Doch die allermeisten Menschen fliehen vor der Angst in die Unaufrichtigkeit.

Von Hans Klumbies